Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Seefrachtgeschäft. 651 
sätze des Rezeptums Platz; d. h. seine Haftpflicht wird lediglich ausgeschlossen durch 
die (von ihm zu beweisende) Thatsache, daß der Schaden durch vis maior — welcher 
nicht zu entdeckende Mängel des Schiffs gleichgestellt werden — herbeigeführt oder 
durch die natürliche Beschaffenheit der Güter, namentlich durch inneren Verderb, 
Schwinden, gewöhnliche Leckage u. dgl. oder durch äußerlich nicht erkennbare Mängel 
der Verpackung entstanden ist. Bei Kostbarkeiten, Geldern und Werthpapieren tritt 
jedoch die strenge Haftung des Verfrachters und überhaupt die Haftung desselben 
aus dem Frachtvertrage nur dann ein, wenn die Beschaffenheit oder der Werth der 
Güter bei der Abladung dem Schiffer angegeben war. Während nun aber bei dem 
durch dolus oder culpa verursachten Schaden der Verfrachter für das volle Interesse 
des Befrachters einzustehen hat, so hat er, wenn er, ohne daß ihm ein Verschulden 
zur Last gelegt und nachgewiesen, wegen Verlust oder Beschädigung der Güter in 
Anspruch genommen wird, nur für den Werth am Bestimmungsorte einzustehen. 
Der Verfrachter hat Anspruch auf Fracht nebst den etwa vereinbarten Neben- 
gebühren, als Prämien, Kaplaken u. dgl., das etwaige Liegegeld und Ersatz der aus- 
gelegten Zölle und fonstigen Auslagen. Hierfür haftet der Befrachter in Gemäßheit 
des Frachtvertrags. Allein durch die Annahme der Güter wird der Empfänger ver- 
pflichtet, nüach Maßgabe des Frachtvertrags oder des Konnossements, auf deren Grund 
die Empfangnahme geschieht, den Verfrachter wegen seiner Ansprüche zu befriedigen. 
Und zwar haben die beiderseitigen Leistungen Zug um Zug zu geschehen; auch braucht 
der Verfrachter die Güter nicht früher auszuliefern, als bis die auf denselben 
haftenden Beiträge zur großen Havarie, Bergungs= und Hülfskosten und Bodmerei- 
gelder bezahlt oder sichergestellt sind. Die Güter an Zahlungsstatt anzunehmen, ist 
der Verfrachter nicht verpflichtet, mögen dieselben verdorben resp. beschädigt sein oder 
nicht. Doch gilt eine Ausnahme in Betreff solcher Behältnisse, die mit Flüssig- 
keiten angefüllt und während der Reise ganz oder zum größten Theil ausgelaufen 
sind. Ebenso ist für Güter, die durch einen Unfall verloren gegangen sind, ab- 
gesehen von solchen, deren Verlust in Folge ihrer natürlichen Beschaffenheit ein- 
getreten ist, und von Thieren, die unterwegs gestorben sind, keine Fracht zu bezahlen, 
oder die etwa vorausbezahlte zurückzuerstatten, wenn nicht das Gegentheil aus- 
bedungen war. Wegen seiner Forderungen hat der Verfrachter ein Pfandrecht an den 
Gütern, und zwar nicht nur so lange diese von ihm zurückbehalten oder deponirt 
sind, sondern auch noch nach der Ablieferung, vorausgesetzt, daß dasselbe innerhalb 
30 Tagen nach dieser gerichtlich geltend gemacht wird, und nicht etwa die Güter 
in den Besitz eines Dritten gelangt sind, der sie nicht für den Empfänger besitzt. 
Wenn der Verfrachter die Güter an den Empfänger ausgeliefert, so hat er wegen 
der gegen diesen ihm zustehenden Forderungen keinen Regreß gegen den Befrachter, 
soweit sich dieser nicht mit seinem Schaden bereichern würde. Dagegen steht ihm 
ein solcher zu, wenn die Güter nicht ausgeliefert, resp. vom Empfänger nicht ab- 
genommen sind. 
Der Frachtkontrakt kann natürlich durch gegenseitige Uebereinkunft der Kontra- 
henten ausgelöst werden. Doch begründen gewisse Umstände von Rechtswegen die 
Aufhebung des Frachtvertrags oder geben jedem der Kontrahenten das Recht, vom 
Vertrage zurückzutreten, ohne zur Entschädigung des anderen verpflichtet zu sein. 
Der Frachtvertrag tritt außer Kraft, sobald die faktische Unmöglichkeit eintritt, ihn 
überhaupt auszuführen in Folge des Verlustes des Schiffs oder der zu transportirenden 
Güter. Jedem Kontrahenten steht ein Rücktrittsrecht zu, wenn die juristische Un- 
möglichkeit eintritt, den Vertrag zur Zeit auszuführen: wenn ein Krieg (wodurch 
Schiff oder Güter unfrei werden) oder Maßregeln des Völkerrechts oder öffentlichen 
Rechts (wie Embargo, Blokade, Ausfuhr= resp. Einfuhrverbot u. s. w.) sich der 
Ausführung der Reise entgegenstellen; bei der Charterung eines ganzen Schiffs jedoch 
nur, wenn das Hinderniß nicht voraussichtlich von nur kurzer Dauer ist. Die Un- 
möglichkeit hat die angegebenen Wirkungen, mag sie vor oder nach Beginn der Reise
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.