Selbsthülfeverkauf. 667
(Art. 354) ein ferneres Recht zur S. erwachsen kann. Auch mit der Niederlegung
der Waare wird S. nicht ausgeschlossen; ebensowenig die Klage auf Vertragserfüllung
(Entsch. des ROPÖ. XXIII. 19). Der Verkäufer soll dem säumigen Käufer den
S. vorher androhen, wobei es jedoch der Angabe des Verkaufstermins, ob öffent-
lich oder nicht verkauft werden soll, nicht bedarf (Entsch. des Reichsgerichts I. 5);
zwischen Androhung und Realisirung muß ein solcher Zeitraum liegen, daß dem
Käufer eine den Umständen nach ausreichende Frist bis zum Verkaufe bleibt, um
die erforderlichen Maßregeln zu treffen behufs Schadensabwendung, sei es durch
Abnahme oder durch Hinwirken auf guten Verkauf (Entsch. des ROG. XIX.
194). Durch die Weigerung, die Waaren anzunehmen, wird die Verkaufsandrohung
nicht erledigt (Entsch des ROP-. XIX. 294; des Reichsger. I. 310). Ist die
Waare dem Verderben ausgesetzt und gleichzeitig Gefahr im Verzuge, so ist die
Verkaufsandrohung nicht formelles Vorerforderniß. Ueber den Ort der Verkaufsselbst-
hülfe hat das Gesetz wegen Verschiedenartigkeit der Fälle nicht Bestimmung getroffen.
Gemeinhin wird der Verkauf dort stattfinden, wo der Annahmeverzug des Käufers
sich bethätigt; der Regel nach am Erfüllungsort; sofern dort keine Verkaufsgelegen-
heit, z. B. weil kein Marktort, obwol die Waare eine marktgängige, ist die Waare
zum Marktort zu schaffen; wird vor Absendung die Annahme verweigert, so kann, zur
Vermeidung zweckwidriger Belastung mit Transportkosten, der Verkauf am Absendungs-
ort geschehen (Entsch. des ROp. V. 174, XIV. 422; Fenner und Mecke,
Samml., VI. 235; Zeitschr. f. d. ges. H.t N. XXIII. 583; Keyßner, Kommentar,
S. 347). Der S. muß diejenigen Waaren betreffen, mit deren Annahme der
Käufer in Verzug ist; beim Spezieskauf liegt dem Verkäufer Beweis der Identität,
beim Genuskauf liegt der Beweis der gesetzmäßigen und vertragsmäßigen Eigen-
schaften ob (Entsch des RO-. XV. 149, XXIV. 33; Rhu. Archiv XXVII.
15). Daß der Verkauf mit allen verabredeten Klauseln stattfinde, ist nicht
nothwendig; die Waare darf verkauft werden, wie sie verkäuflich, d. h. markt-
gängig ist (Entsch. des RO„C. X. 372). Steht dem Käufer über die Waare
noch ein Wahlrecht zu, so wird die noch zu fertigende Waare (Spezifikation bei
Stabeisen) mit diesem Wahlrecht verkauft (Entsch des RO„-. XV. 146, XVIII.
336, XXII. 5; Zeitschr. f. d. ges. H. N. XXIII. 635; Römer, Abhandl. aus
dem Röm. Recht, Handels= und W. R., S. 132). Der öffentliche Verkauf muß
bekannt gemacht werden nach den für öffentliche Versteigerungen geltenden örtlichen
Vorschriften, abgehalten unter allgemeiner Zugänglichkeit durch einen für öffentliche
Versteigerungen obrigkeitlich Angestellten (Keyßner, Kommentar zu Art. 311
Nr. 3). Der öffentliche Verkauf erfordert keine gerichtliche Mitwirkung; das nahm
auch der oberste Oesterr. Gerichtshof (Adler und Clemens, Samml., III. 424,
447) an, ist jedoch, ohne seine frühere Rechtsprechung zu beachten, zur entgegengesetzten
Ansicht übergegangen (Erk. v. 17. Novbr. 1880; Wiener Jur. Blatt, 1881, S. 23).
Betreffend die Waaren, welche einen Börsenpreis oder Marktpreis haben, s. diesen
Art. Durch das Erforderniß, daß diese Waaren nur zum laufenden Preise ver-
kauft werden sollen (vgl. Keyßner, Kommentar zu Art. 311 Nr. 6) wird für den
Käufer der Preis gesichert. Den rechtlichen Bedenken gegenüber (Goldschmidt, H. R.,
I. 2 S. 945; Anschütz und v. Bölderndorff, III. 181, 278) ist der Verkäufer
der Waare als Käufer bei der Verkaufsselbsthülfe anerkannt (Zeitsch, f. d. ges. H.R.
XVII. 234, XXIII. 593; Entsch. des ROb. IV. 20). Die unterlassene Mit-
theilung von der Verkaufsvollziehung macht schadensersatzpflichtig, ohne jedoch die
Geltung der sonst gehörig vollzogenen Verkaufsselbsthülfe zu berühren. Für den Fall,
daß der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises im Verzuge und die Waare noch
nicht übergeben ist, giebt Art. 354 des H##. dem Verkäufer das Wahlrecht,
Erfüllung des Vertrages nebst Schadensersatz wegen späterer Erfüllung zu verlangen,
oder die Waare im Wege der Verkaufsselbsthülfe für Rechnung des Käufers zu ver-
kaufen, oder vom Vertrage zurückzutreten, gleich als ob derfelbe nicht geschlossen worden.