672 Separatio bonorum.
Separatlo bonorum (Gütertrennung, Absonderung) ist zunächst der
allgemeine Name für Fälle, wo eine Vermögensmasse in verschiedene Bestandtheile
zerlegt wird, wie bei der Auseinandersetzung zwischen Lehn und Allod, zwischen
Dotalgut und ehemännlichem Vermögen. Sodann aber bedeutet es namentlich die
Absonderung eines Nachlasses vom eigenen Vermögen des Erben, auf welche die
Nachlaßgläubiger ein Anrecht haben, um sich gegen die Konkurrenz der Gläubiger
des möglicher Weise überschuldeten Erben zu schützen (sog. benetcium separationis),
(I. 1 pr. §§ 1, 14 D. h. t.). Dies vom Prätorischen Edikt geschaffene Recht gewähren
ihnen auch alle Deutschen Landesrechte (Preuß. Allg. LR. I. 16 §§ 500—512;
Oesterr. BSB. § 812; Sächs. BGB. §§ 2333—2342), und der Code civil art.
878 ff. Als Voraussetzung desselben gilt nicht blos erwiesene Ueberschuldung des
Erben, sondern schon jede Gefährdung durch dessen Gläubiger (Seuffert's Arch. XII.
178; noch weiter geht Windscheid, § 607, Anm. 3); nach Preuß. Recht jedoch
nur Konkurs des Erben. Für diesen überall wichtigsten Fall hat auch die RKO.
§ 43 das Absonderungsrecht, soweit es landesgesetzlich besteht, anerkannt und geregelt,
woraus man jedoch nicht mit Dernburg, III. § 233, Anm. 4, folgern darf, daß
es nunmehr nach Reichsrecht nur im Falle des Konkurses gelte. Ueberdieß ist nach
manchen Landesrechten das Absonderungsrecht für die Fälle, wo der Erbe mit der
Rechtswohlthat des Inventars angetreten hat, entbehrlich geworden. Denn hier
wird vielfach, z. B. vom Preuß. Allg. LR. I. 9 § 443, der Nachlaß als ein vom
Vermögen des Erben getrenntes Ganze behandelt und an demselben nur ein zu
Gunsten der Gläubiger beschränktes Eigenthum des Erben anerkannt. Vgl. Dern-
burg, III. §§ 221 ff. Bei dieser Auffassung können die Nachlaßgläubiger, wenn
die Erbschaft überschuldet ist, über dieselbe Konkurs eröffnen lassen, ohne eines
Separationsrechts zu bedürfen (RRO. § 202 und Motive dazu), und wenn sie
nicht überschuldet ist, Sicherheitsmaßregeln betreiben, durch welche ihr Recht auf
vorzügliche Befriedigung aus dem Nachlaß gegen die Konkurrenz der Gläubiger des
Erben geschützt wird. Nach diesen Landesrechten bleibt daher das Absonderungsrecht
nur dann praktisch wichtig, wenn der Erbe ohne Vorbehalt angetreten hat. Berechtigt
zur s. b. ist jeder Nachlaßgläubiger und Vermächtnißnehmer (I. 6 pr. D. bh. t.,
RKO. § 43). Die Frist zur Ausübung des Rechts beträgt nach Gem. Recht fünf
Jahre seit dem Erbschaftsantritt (I. 1 § 13 D. h. t.), ist aber durch die Landesrechte
meist gekürzt, in Preußen auf ein Jahr (val. die Uebersicht in den Motiven zu
§ 43 der RKO.). Das Preuß. Recht verlangte bisher außerdem auch Innehaltung
der Anmeldungsfristen im Konkurse (Preuß. KO. § 126); dies ist durch die RKO.
beseitigt, und danach der Anspruch auf Absonderung bis zum Ende des Konkurses
statthaft. Jedoch wird das Recht verwirkt durch Annahme des Erben zum perfön-
lichen Schuldner (I. 1 §§ 10, 11, 15, 16 D. h. t.), nach Preuß. Recht erst durch
Novation. Die Ausübung des Rechts auf s. b. erfolgte bisher in allen Fällen
durch Erwirkung einer Verfügung des Nachlaßrichters (vgl. über die Kompetenzfrage
Ubbelohde im Archiv für civ. Praxis LXI. S. 63 ff.), kraft deren eine völlige
Trennung des Nachlaß= und des Erbenvermögens in der Art eintrat, daß es bei
Ueberschuldung der einen oder anderen Masse zu einem Universalkonkurs über die
letztere und zu einem Partikularkonkurs über die erstere kam. Aehnlich nach der
Preuß. KO. § 259. Dies ist durch die RKO. dahin geändert, daß ein Partikular=
konkurs über den Nachlaß nie mehr stattfindet. Denn wenn derselbe mit Vorbehalt
angetreten ist, so kann er nach §§ 202 ff. nur Gegenstand eines eigenen, auf den
Namen des Erblassers einzuleitenden Konkurses werden. Wenn der Erbe aber ohne
Vorbehalt angetreten hat, so werden die Nachlaßstücke nicht mehr als Einheit, sondern
als einzelne Sachen behandelt; daher behält der Konkursverwalter sie in seiner Ver-
waltung, versilbert sie und befriedigt mit dem Erlöse die Nachlaßgläubiger und Ver-
mächtnißnehmer, welche ihren Absonderungsanspruch bei ihm geltend machen. Bgl.
die Motive zur RKO. §§ 43 und 202, und Dernburg, III. § 233, A. 13.