Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Solidarobligation und Korrealobligation. 697 
nicht litem kontestirenden correi promittendi durch litis contestatio des einen ist 
von Justinian ausdrücklich beseitigt worden (c. 28 § 2 C. 8, 40). Demnach bleibt 
es nunmehr in allen Fällen dem Gläubiger unverwehrt, die sämmtlichen Mit- 
schuldner insgesammt, auf's Ganze oder nur zu Theilen zu belangen und eventuell 
unter Abstehen von der gegen Einen erhobenen Klage (CPO. § 243) sich an die 
Anderen zu wenden; nur konzentrirt sich bei der Korrealobligation das Klagerecht 
auf den litem kontestirenden Gläubiger und das gegen ihn ergangene Urtheil macht 
gegenüber allen seinen Mitgläubigern res judicata. An Stelle der litis contestatio 
ist übrigens durch CPO. § 239 der Moment der Klagerhebung (s. das. 8§ 230, 1; 
460; 461, 2) getreten. 
2) Eine gleiche Konzentration, wie im vorigen Falle, tritt nach fr. 10 D. 13, 5 
bei der Korrealobligation, nicht aber bei den solidarischen Obligationen in Folge 
eines constitutum debiti propriü# wenigstens auf aktiver Seite ein, „weil das con- 
stitutum so gut wie Zahlung sei“. (Neuere und abweichende Erklärungen dieser 
Stelle s. bei Windscheid, Pand., II. § 296, 2; Weibel, a. a. O. 51.) 
3) Die zu Gunsten eines einzelnen Gläubigers oder gegenüber einem einzelnen 
Schuldner erfolgte Unterbrechung der Klagverjährung wirkt nur bei der Korreal- 
obligation auch für resp. gegen die übrigen (c. 4 C. 8, 39). Ausnahme nach 
WO. Art. 80 (s. aber EG. zur CPO. 8§ 13, 3, zur KO. § 3, 3). 
4) Die Verschuldung des einen correus debendi, mit Ausnahme seiner mors 
(fr. 322 § 4 D. 22, 1; fr. 173 5§ 2 D. 50, 17), erweitert das Obligationsverhältniß 
um die Schadensersatzhaftung auch zum Nachtheil der übrigen Mitschuldner (kr. 18 
D. 45, 2; anderer Meinung Windscheid, Pand., II. § 295, 13). Bei den wegen 
Untheilbarkeit der Leistung solidarischen Obligationen gilt gerade das Gegentheil 
dieses Satzes, während in den übrigen solidarischen Verhältnissen die Thatsache, daß 
an angerichtetem Schaden Einer in erster Linie schuldig ist, nur seinen Mitschuldnern 
die Einrede der Vorausklage (s. Nr. 6) verschafft., 
5) Ein Regreß= (Rückgriffs-yrecht der nicht direkt befriedigten Korrealgläubiger 
gegen denjenigen, welchem der Schuldner das Ganze geleistet hat, sowie ein Regreß- 
recht des allein das Ganze leistenden Schuldners gegen die durch ihn befreiten Mit- 
schuldner versteht sich bei Korrealobligationen nicht von selbst, sondern muß erst 
durch ein besonderes zwischen den correi bestehendes Rechtsverhältniß (z. B. Mandat, 
negotiorum gestio, societas, ungerechtfertigte Bereicherung) begründet werden. Solidar- 
gläubiger und -Schuldner aber haben den Rückgriff, wenn es sich um Untheilbarkeit 
der Erfüllung handelt, unbedingt, in anderen Fällen hat ihn wenigstens der auf 
Schadensersatz haftende Mitschuldner, wenn er seinem nicht mitbelangten Mitschuldner 
alleiniges oder theilweises Verschulden des Schadens vorwerfen kann oder wenn die 
Haftung durch fremdes Verschulden begründet worden ist. Wo der Schuldner regreß- 
berechtigt ist, da hat er das beneficium cedendarum actionum (c. 13 §1 C4, 65; 
Windscheid, §298, 13); nur bei der Solidarität wegen untheilbarer Leistung be- 
darf er dieser Cession nicht, da er hier jedenfalls Regreßanspruch hat. — Spezial- 
literatur über das Regreßrecht s. bei Windscheid, Pand., II. § 294, 1. 
6) Der verklagte Gesammtschuldner braucht sich nicht in allen Fällen die Klage 
auf die ganze Leistung gefallen zu lassen; er kann manchmal einredeweise geltend 
machen, daß seine Mitschuldner, deren Belangbarkeit (praesentia) vorausgesetzt, 
gleichzeitig belangt werden sollen und daß er erst nach herausgestellter Insolvenz 
jener — den Beweis der Insolvenz hat der Kläger zu führen — auf das Ganze 
hafte. Die Einrede wird entweder damit begründet, daß er widrigenfalls für gar 
nichts hafte (sog. beneficium ordinis s. excussionis), oder damit, daß er primär 
nur seinen Kopftheil schulde (sog. benetfücium divisionis). Wann diese Einwendungen 
statthaft seien, das hängt von der Auslegung der nov. 99, speziell der Worte 
GAANM) n ua in derselben, ab (s. v. Vangerow, Pand., III. 78—87). 
Bei der blos solidarischen Obligation hat das Recht zu diesen Exceptionen nach-
	        
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