Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

698 Solidarobligation und Korrealobligation. 
weisbar nur der auf Schadensersatz Belangte in den Fällen, wo ihm gegen seine 
Mitschuldner ein Rückgriff zusteht (s. Nr. 5). Der Schuldner einer untheilbaren 
Leistung dagegen bedarf der Einwendungen nicht; denn, falls er keine Mitschuldner 
neben sich, aber mehrere Personen zu Gläubigern hat, so kann er entweder ver- 
langen, daß ihm die Leistung an alle Gläubiger ermöglicht werde, oder daß ihm 
der Kläger dafür Sicherheit gewähre, die übrigen würden sich für befriedigt halten, 
und als Mitschuldner möchte ihm zwar das beneficium ordinis, gewiß aber (eben 
wegen der Untheilbarkeit des Schuldobjekts) nicht das beneficium divisionis zu- 
gestanden werden dürfen, es müßte denn die untheilbare Leistung sich durch aesti- 
matio in eine theilbare verwandelt haben (letzteres bestreitet Windscheid, §299, 7). 
Von den reichsgesetzlichen Vorschriften über Gesammtobligationen (s. unten IV) haben 
übrigens manche die beiden Einreden der Vorausklage und der Theilung (so das 
HGB. Art. 281, 1 für alle seine Fälle, die Rechtsanwalts-Gebührenordnung § 3) 
oder doch die Einrede der Theilung (Genossenschaftsgesetz v. 4. Juli 1868 § 12, 1) be- 
seitigt. — Literatur über die exc. divisionis: v. Schröter, Zschr. f. Civ. R. und 
Proz. VI. 435 ff.; Heimbach, das. XVI. 2, 10; Appelius, Arlch. f. d. civ. 
Prax. XVI. 12; Burchardi, das. XIX. 3; Dedekind, das. XIL. 270 ff.; 
Dedekind, De exc. divis., 1853; Wieding, Jov. Justiniani XCIX., S. 82 ff. — 
III. Die Gesammtobligation erlischt durch alle Erlöschungsgründe von Obli- 
gationen, welche nicht nur ein einzelnes Subjekt der aktiven oder passiven Seite 
betreffen, wie confusio durch gegenseitige Beerbung, Erlaß, Novation, in integrum 
restitutio für Einzelne, Verjährung gegenüber Einzelnen, wenn die Obligation nicht 
für Alle gleichzeitig begonnen hat (capitis deminutio Einzelner nach fr. 19 D. 45, 2), 
namentlich nimmt man bei der Solidarität wegen Untheilbarkeit der Leistung Ein- 
flußlosigkeit der Dispositionen eines Mitgläubigers für alle übrigen Mitgläubiger 
an. Also erlischt die ganze Gesammtobligation durch Zahlung und deren Surro- 
gate (datio in solutum, gerichtliche Hinterlegung, Kompensation), durch Novation 
(fr. 31 § 1 D. 46, 2; Windscheid, Pand., II. § 295, 3; § 298, 5), vollkom- 
menen Erlaß und dessen Anwendungsfälle bei Vergleich und Schiedsvertrag, durch 
aberkennendes Urtheil — selbst wenn bei einem derartigen Rechtsgeschäft oder Prozeß 
nur ein einzelner Gläubiger und ein einzelner Schuldner betheiligt war. 
Uebrigens ist das Gesagte nicht bei sämmtlichen der angegebenen Endigungs- 
gründe unbestritten (ovgl. Windscheid, Pand., II. § 295, 4. 5. 8; § 298, 6; 
Arndts, Pand., § 268, 11; 273, 2), und es kommen gelegentlich auch noch andere 
Punkte in Frage; so bei der Kompensation: ob der Gesammtschuldner auch mit der 
Forderung seines Mitschuldners und ob er gegen die Schuld eines anderen Gesammt- 
gläubigers als des ihn Belangenden aufrechnen dürfe, was Beides nach Römischem 
Recht, bei den correi wenigstens, von bestehender Regreßpflicht abhängt (fr. 10 D. 
45, 2; Windscheid, Pand., II. § 350, 19. 20, theilweise anders nach Allg. LR. 
I. 16 88 303, 306, 307; Code civil art. 1294, 2; Sächs. BGB. 8§ 1027). Jedenfalls 
wird man annehmen müssen, daß nicht ein einzelner Gläubiger willkürlich die 
Obligation zum Nachtheil seiner Mitgläubiger schmälern und aufheben, nicht ein 
einzelner Schuldner mit Rechtswirkung für seine Mitschuldner die bestehende Ver- 
pflichtung erweitern kann (abgesehen von Verschuldung, s. oben Nr. 4), wenn er nicht 
zur Stellvertretung der anderen ermächtigt oder eine Regreßberechtigung derselben 
gegen ihn begründet ist (vgl. fr. 27 pr. D. 2, 14). 
IV. Von den modernen Gesetzgebungen kennt keine einen Unterschied 
der Korrealobligation und blos solidarischen Obligation; die Solidarität wegen Un- 
theilbarkeit des Gegenstandes berücksichtigen manche besonders (s. Oesterr. Allg. 
BGB. § 890; Sächs. BGB. §§ 1037, 1038; Entw. eines Schweiz. Obl.R. 
1875 Art. 20, 2). Dieselben stellen aber nur einen Begriff der „Korrealität" 
(Codex Maxim. IV. 1, 21 ff.; Allg. LR. I. 6 8§ 424 ff.; Oesterr. Allg. BG. 
§§ 891 ff.), „Solidarität“ (Code civil art. 1197 ff.; Entw. eines Schweiz.
	        
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