Spurkassen. 713
land, Oesterreich-Ungarn je 48 bezw. 49 Frcs., Italien 22, Frankreich (wo die
üblen Erfahrungen der Jahre 1848—1850 lähmend gewirkt haben) nur 14 Frocs.
u. s. w. — Die Gesetzgebung über die S. beschäftigt sich mit der Entstehung
derselben (wofür meistens Staatsgenehmigung vorgeschrieben ist), ihrer Organisation
Guristische Persönlichkeit, Vertretung nach Außen, Aufsicht u. s. w.) sowie mit ihren
Beziehungen zu den betheiligten Kreisen, Gemeinden u. s. w. (Garantie) und sorgt
endlich durch reglementarische Bestimmungen für die Bewahrung des eigentlichen
Zwecks der S. und die Sicherung der Einlagen. Dabei bleibt der Autonomie ein
mehr oder minder weiter Spielraum. Die Deutsche Reichsgesetzgebung hat
sich bisher mit den S. nicht befaßt. Dagegen ist in Preußen (welches mehr als
1000 S. zählt) durch das für den ganzen damaligen Umfang des Staats erlassene
Reglement vom 12. Dezember 1838 die Einrichtung der unter der Vertretung der
Gemeinden zu errichtenden S. geregelt. Hiernach, sowie nach dem sog. Kompetenz-
gesetze vom 26. Juli 1876 steht die Befugniß zur Genehmigung der S. sowie zur
Bestätigung der Statuten von Kreis= und Gemeinde-S. dem Oberpräsidenten zu,
welcher dieselbe nur unter Zustimmung des Provinzialraths versagen darf. Die
Aufsicht über die Verwaltung führen die geordneten Kommunalaufsichtsorgane. Für
die Hohenzollernschen Lande besteht eine gemeinschaftliche Spar= und Leihkasse mit
den Rechten einer öffentlichen Behörde. — Sehr ausgebildet ist die Gesetzgebung
über S. in Frankreich (Gesetze von 1835, 1845, 1852, 1875). Die Englische
Gesetzgebung beruht auf einem Gesetz von 1817. Noch bedeutungsvoller aber ist das
Ges. von 1861, welches (unter Gladstone) die Post-S. ins Leben rief (Post-oftice-
saving-banks), welche Einlagen von 1 Sh. ab bis zu 30 Lstr. (pro Jahr) annehmen
und mit 2½ Prozent jährlich verzinsen. Der Gedanke hat in Belgien (seit 1870),
Italien (1876), den Niederlanden (1880) und Japan (seit 1875), neuerdings
auch in Frankreich Nachahmung gefunden. Auch die obersten Behörden des
Deutschen Reichs sind demselben bereits näher getreten. Eine verwandte Ein-
richtung sind die Belgischen Schul-S. (seit 1865), wodurch die Jugend zum
Sparen angehalten wird.
Die Geschäfte der S. fallen hauptsächlich unter den Begriff des Darlehns.
Ueber die empfangenen Einlagen werden regelmäßig Quittungen in Form von Ein-
trägen in Bücher ausgestellt, welche zu Zuschreibungen und Abschreibungen von
Kapital und Zinsen eingerichtet sind. Diese „Sparkassenbücher“ sind Werth-
papiere (Effekten — (. diesen Art.), und zwar, wenn nicht reine, doch in der Regel
sog. unvollkommene Inhaberpapiere („Legitimationspapiere"), dergestalt, daß die S.
an jeden Inhaber ohne weitere Legitimationsprüfung zu zahlen berechtigt ist
(so z. B. nach dem Preuß. Regl. von 1838). Da wo letzteres nach den Statuten
oder den den Büchern vorgedruckten Bestimmungen der Fall ist, sind die Bücher
vindikabel; auch können sie im Falle des Abhandenkommens gerichtlich amortifirt
(z. B. nach dem Preuß. Regl.), aber nicht außer Kurs gesetzt werden. Die
Form der Schenkung oder sonstigen Veräußerung von Sparkassenbüchern richtet sich
jedoch, wenigstens nach der in der Preußischen Praxis herrschenden Auffassung (anderer
Ansicht: C. F. Koch und Fr. Förster) nach den Grundsätzen des Obligationen-,
nicht des Sachenrechts (Cession, nicht bloße Tradition; nach Preuß. Recht ist also bei
Gegenständen von mehr als 150 Mark Schriftform erforderlich).
Lit.: Konst. Schmidt und Brämer, Das Sparkassenwesen in Deutschland (Berlin
1864). — Coquelin et Guillaumin, Dict. de ’économie pol. (Paris 1873), I. p. 246 ss.
(s-vV. Caisse Tépargne). — Ch. Dupin, Histoire et avenir des caisses d’épargne de
France (Paris 1840 — I. Tidd-Pratt, The historf of Saving banks in England etc.
(London 1842). — Elster, Die Postsparkassen (Jena 1881). — Fischer in den Jahrbüchern
für Nationalökonomie und Statistik XVI. (1871) S. 363 ff. — Wilhelmi, Ueber Schul-
Sparkassen (Leipzig 1877). — Meyer, Deutsches Jahrb. 1879/80 (Lpz. 1880), S. 711 ff. —
Engel, Zeitschr. des statistischen Büreaus, 1880 H. 1, 2. — Ueber Sparkassenbücher:
Entsch. d. ROHG. XXII. S. 54, XXIII. S. 164. — Kutsch.ö. Preuß. Orib. Bd. 47 S. 424.—
Strietkhorst, Archiv für Rechtsf., Band 65 S. 77, Band 69 S. 273, Bd. 89 S. 111. —