Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

724 Spiel. 
Es soll also für die Wette noch charakteristisch sein, daß die Parteien verschiedene 
Meinungen als richtig behaupten (vgl. auch Stobbe, a. a. O. S. 326). 
Diese Verschiedenheit der Meinungen ist aber auch beim S. vorhanden, wenn 
nicht in demselben eine Schenkung enthalten sein soll. Zwar werden beim 
S. dieser Meinungsverschiedenheit gewöhnlich nicht Worte geliehen, aber sie ist 
immer als vorhanden anzunehmen und ist sie vorhanden, so ist der Inhalt von 
S. und Wette identisch. Wenn aber Stobbe (a. a. O. S. 326 Note) nicht auf 
das Vorhandensein, sondern auf das Aussprechen der verschiedenen Meinungen Ge- 
wicht legt, so giebt er doch damit zu, daß es den Spielern jederzeit möglich wäre, 
durch die Beobachtung jenes Unterschiedes, also durch das ausdrückliche Aussprechen 
verschiedener Behauptungen, das klaglose S. zum klagbaren Wettvertrage zu machen. 
Thöl (Verkehr mit Staatspapieren 1855, S. 257 und a. a. O. § 304) hält es 
für unmöglich, den Unterschied des S. und der Wette durch Abstraktion zu finden 
und, indem er sich lediglich an das Römische Recht anschließt, gelangt er zu dem 
Resultate, daß beim S. lediglich die Thätigkeit der Interessenten das Eintreten 
oder Nichteintreten des (entscheidenden) Thatumstandes herbeiführe, während sich bei 
der Wette die Interessenten passiv verhielten. Er sagt: „Der Vertrag, den zwei 
Engländer schlossen, daß der Eine oder der Andere eine bestimmte Summe an den 
Gegner verlieren solle, je nachdem von zwei auf das eine Ende eines Tisches gesetzten 
Schnecken die eine oder die andere zuerst das entgegengesetzte Ende erreichen werde, 
ist ein S. Hätten die Kontrahenten die Schnecken so vorgefunden, daß sie, die Kon- 
trahenten, auch nicht im Mindesten auf die Entscheidung des Vertrages eingewirkt 
hätten, so wäre es eine Wette gewesen.“ Die Ansicht Thöl's ist nach Römischem 
Rechte berechtigt, an sich ist aber dieser Gegensatz weder ein logischer, noch ein 
juristisch relevanter für die Frage, weshalb er beim S. Klagbarkeit, bei der Wette 
Klaglosigkeit begründet. Andere, wie Wilda, Beseler, v. d. Pfordten suchen 
den Unterschied zwischen S. und Wette in den Motiven. Das juristisch relevante 
S. soll nur des Gewinnes beziehungsweise der Unterhaltung Willen getrieben, die 
Wette nur zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit eingegangen werden. Gegen 
diese Auffassung läßt sich einwenden, daß bei der Wette nicht weniger als beim S. 
Zeitvertreib und Unterhaltung beabsichtigt sein kann und daß auch ein S. zum 
Zwecke der Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit eingegangen werden kann. — 
Bruck (a. a. O. S. 71) scheidet aus der juristischen Betrachtung die S. zum Ver- 
gnügen völlig aus. Solche S., auch wenn sie um einen mäßigen Preis gespielt 
werden, haben die Gesetze zu allen Zeiten erlaubt. Anders verhält es sich aber, 
wenn Gewinn oder Verlust dem Vermögen droht, denn jetzt tritt das Spiel als sog. 
Geld-S. in den Kreis der civilistischen Betrachtung und nun scheidet sich genau das- 
jenige Verhältniß, welches das juristisch relevante Moment in sich trägt, von dem 
unjuristischen. Dieses juristische Verhältniß wird begründet durch einen Vertrag 
zweier Parteien, von welchen sich jede von beiden im Falle des Eintretens oder 
Nichteintretens eines bestimmten, aber für die Parteien noch ungewissen That- 
umstandes verpflichtet, etwas an die andere verlieren zu wollen. Eine genauere 
Untersuchung dieses, das juristische Moment des Geld-S. in sich tragenden Verhält- 
nisses ergiebt, daß in ihm alle charakteristischen Merkmale der Wette enthalten sind, 
sodaß eine Scheidung des Geld-S. und der Wette dem Begriffe nach unmöglich ist, 
indem das erstere eine Spezies des letzteren ist. Geld-S. und Wette sind also für 
den Juristen völlig identische Begriffe; das eigentliche S. (im Gegensatze zum 
Geld-S.) hat für ihn gar keine Bedeutung, es ist kein Rechtsgeschäft, es wird 
vielmehr nur der in ihm liegenden Handlungen wegen betrieben, es ist Selbstzweck, 
der Gewinn ist durchaus nicht Zweck, vielmehr das Resultat einer an das S. ge- 
knüpften Wette, wonach die unterliegende Partei der siegenden eine gewisse Summe 
verspricht. Das eigentliche S. interessirt den Juristen dabei nur, insofern es als 
eins der unzähligen Entscheidungsmittel des eigentlichen Rechtsgeschäfts, der Wette,
	        
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