Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

726 Spiel. 
sorderungsrecht wurde sogar den Erben des Verlierers oder — falls diese es 
unterließen — den Prokuratores, Defensores, endlich jedem Bürger der Gemeinde, 
in der das S. stattgefunden, im bestimmten Falle sogar dem Fiskus gewährt und 
erst nach 50 Jahren trat eine Verjährung dieser Klage ein. Auch die wegen des 
S. geleistete Kaution ist nichtig und wird restituirt. In Betreff des zum S. ge- 
gebenen Darlehns findet sich in den Ouellen keine Vorschrift. Die bisweilen zum 
Nachweise der Klagbarkeit des Darlehns angezogenen Stellen (I. 12 8 11 Dig. mand. 
17, 1 und 1. 2 § 1 Dig. quar. rer. actio 44, 5) beziehen sich nicht auf diese 
Frage (vgl. Windscheid, Lehrb., 5. Aufl., II. g 430 Note 7). Selbstverständlich 
kann der Darleiher nicht das Darlehn zurückfordern, wenn er selbst zu den Mit- 
spielenden gehört und der Empfänger das Geld an den Darleiher verliert. 
Nach der Rezeption des Römischen Rechtes ergingen in Deutschland zwar auch 
noch zahlreiche Partikulargesetze über das S., aber es findet jetzt eine verhältniß- 
mäßig größere Uebereinstimmung statt. In denjenigen Gesetzgebungen, auf welche 
das Römische Recht Einfluß gewann, theilte man die S. in erlaubte und verbotene 
oder Glücksspiele (ludi, qui in aleae speciem cadunt); der Begriff der erlaubten S. 
(„ludi, qui virtutis causa fiunt) wird auch auf S., welche der Uebung geistiger 
Kräfte dienten, sog. Kunstspiele, ausgedehnt. Da aber bei diesen der Zufall mehr oder 
weniger auf die Entscheidung zu wirken pflegt und eben dieser meistens das unbedingte 
Erlaubtsein der S. ausschloß, so nahm man eine Mittelklasse, sog. gemischte S., an. 
Diese Dreitheilung der S. — ludi artis, fortunge, mixti — ist weder quellenmäßig 
noch praktisch, sie hat aber in viele Deutsche Gesetzgebungen Eingang gefunden. 
Bei dem Mangel allgemein gültiger reichsgesetzlicher Bestimmungen über das 
S. ist, wo nicht Partikulargesetze ausdrücklich das Gegentheil bestimmen, das Römische 
Recht als alleinige Entscheidungsnorm anzusehen. Es ergeben sich daher als geltendes. 
gemeines Recht folgende Sätze: 
Nur S., qui virtutis causa fiunt, ubi pro virtute certamen üit, d. h. welche 
zur Uebung des Muthes und körperlicher Gewandtheit dienen, sind erlaubt und 
klagbar. Ihre Zahl ist durch 1. 2 §§ 1 und 3 Dig. de aleat. 11, 5 auf fünf 
beschränkt und kann auf andere Arten von S. nicht ohne Willkür ausgedehnt werden, 
alle übrigen S. sind verboten, der Verlust kann mit der condictio indebiti zurück- 
gefordert werden. Das Erlaubtsein oder Nichterlaubtsein der S. ist der Grund der 
Klagbarkeit oder Klaglosigkeit derselben. Windscheid (a. a. O. § 419, S. 582) 
meint indeß, daß auf Grund eines allgemeinen Deutschen, täglich geübten Gewohn- 
heitsrechts der S. vertrag auch dann für erlaubt erachtet werden müsse, wenn er dem 
Zwecke geselliger Unterhaltung dient und sich innerhalb der Grenzen derselben hält. 
Hinsichtlich der Frage, ob das zu einem S., gleichviel ob zu einem erlaubten 
oder unerlaubten gegebene Darlehn zurückgefordert werden könne, ist gemeinrechtlich 
allerdings eine Modifizirung des Römischen Rechtes anzunehmen und zwar derart, 
daß gemeinrechtlich nur das wissentlich zu einem unerlaubten S. Geliehene nicht 
zurückgefordert werden darf. Der Code Napoléon (Code civil art. 1966) hat die Römische 
Auffassung fast vollständig rezipirt. In anderen Deutschen Partikulargesetzgebungen, 
wie im Preußischen Allg. LR. I. 11 §§ 577 ff. und Oesterreichischen BGB. 8§ 1271, 
1272, ist man von anderen Grundsätzen ausgegangen, die sich aber ohne Zwang auch 
nicht auf ältere Deutschrechtliche Bestimmungen zurückführen lassen; sie haben weniger 
ein nationales Gepräge, wenn man überhaupt bei diesem Rechtsinstitut von einem 
solchen reden kann, als vielmehr einen internationalen, bei allen gebildeten Völkern 
eingebürgerten, den Gewohnheiten, Sitten und Anschauungen der modernen Zeit 
entsprechenden Charakter. Das Preußische Allg. LR. geht von dem Grundsatze 
aus, daß das eigentliche S. — das S. zum Vergnügen, und dazu gehört auch 
mäßiges Geld-S. — eine für das Recht gleichgültige Handlung sei, daß demzufolge 
aus erlaubten Spielen weder eine Klage auf den kreditirten Gewinn noch eine solche 
auf Rückerstattung des bezahlten Verlustes zu gestatten sei (§§ 577, 578, 866, 867,
	        
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