Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Staatsanleihen. 735 
Rückseite. 
Schatz-Anweisung des Deutschen Reiches. 
1) An dem umseitig angegebenen Tage der Fälligkeit und weiterhin bis 
zum Ablauf der Verjährungsfrist kann der in dieser Schatz-Anweisung 
verschriebene Kapitalbetrag außerhalb Berlins auch durch Vermittelung 
sämmtlicher Reichsbank-Hauptstellen, insoweit die bei denselben vorhandenen 
baaren Bestände dazu ausreichen, und nachdem die betreffende Stelle 
zuvor die bei ihr einzureichende Schatz-Anweisung Behufs der Verifikation 
an die Staatsschulden-Tilgungskasse eingesendet, und deren Anweisung zur 
Zahlung eingeholt hat, erhoben werden. 
2) Bei unterbleibender Einreichung dieser Schatz-Anweisung ist der Kapital- 
betrag nach Ablauf von dreißig Jahren, vom Tage der Füälligkeit 
an gerechnet, zum Besten der Reichskasse verfallen. 
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In Frankreich werden die Bons du trésor public verzinslich auf den In- 
haber oder auf Namen (an Order) ausgestellt; sie beruhen auf dem Dekret vom 
29. April 1814 und den Gesetzen vom 4. August 1824, bzw. 24. April 1833. 
In England bestehen die Exchequer Bills schon seit 1695 und beruhen jetzt 
auf dem cap. 25. Vict. 29 (an act to consolidate and amend the several Laws 
regulating the Preparation, Issue and Payment of Exchequer Bills and Bonds 
18th May 1866). Sie werden verzinslich mit Coupons auf fünf Jahre ausgestellt. 
Neuerdings werden auch auf Grund der Treasury Bills Act vom 16. März 1877 
(40 Vict. c. 2) Treasury Bills mit zwölfmonatlicher Umlaufszeit und (nach den 
näheren Anordnungen des Schatzamts) verzinslich ausgegeben. Die Ausgabe und 
Einlösung der Exchequer und der Treasury Bills erfolgt durch die Bank von England. 
2) Staatsschuldverschreibungen. Diese bilden die in Deutschland her- 
kömmliche Art der Aufnahme von S. Sie sind Schuldurkunden auf den Inhaber 
(seltener auf den Namen) lautend über eine bestimmte Summe nebst Zinsen und mit 
Couponsbogen versehen, deren Coupons zu bestimmten Terminen (halbjährlich) zahlbar 
sind. Der Gesammtbetrag einer Anleihe wird in eine größere Zahl von Stücken mit 
verschiedenen Nominalbeträgen (jetzt mindestens 200 Mark) zerlegt. Diese Form der 
Ausfertigung begünstigt die Uebertragbarkeit und die Leichtigkeit des Verkehrs mit den 
Papieren. Sie entstand in Deutschland, weil die einzelnen Staaten sich an den Euro- 
päischen Geldmarkt wenden und deshalb leicht verkäufliche Schuldtitel herstellen 
mußten. Früher war für jede Anleihe die Tilgung obligatorisch und wurde Art, Um- 
fang und Zeit der Tilgung bei Emission der Anleihe von vornherein festgesetzt. Es 
hatte dieses die Entstehung zahlreicher verschiedener Schuldtitel zur Folge, was den 
Verkehr mit denselben erschwerte, die Papiere im Welthandel nicht aufkommen ließ, 
dadurch aber den Kurs drückte, und zumal bei der Verschiedenheit der Tilgungs- 
modalitäten die Verwaltung weitläufig machte. Diese Verhältnisse führten in Preußen, 
in nächster Veranlassung durch das zu Ende der sechziger Jahre hervorgetretene Defizit, 
zu der, wenn auch nicht vollständigen Unifizirung der Staatsschuld durch das sog. 
Konsolidationsgesetz vom 19. Dez. 1869 (Finanzminister Camphausen). Durch 
dieses Gesetz wurden eine Reihe älterer 4½= und 4prozentiger Anleihen durch eine 
neue konsolidirte Anleihe in 4½ Prozent ersetzt. Das Charakteristische dieser neuen 
Anleihe war, daß — unter Absetzung der entsprechenden erheblichen jährlichen Til- 
gungssummen vom Staatsbudget — von einer Tilgungspflicht abgesehen und nur 
der Ankauf von Schuldverschreibungen je nach dem Vorhandensein disponibler Mittel, 
außerdem aber die Kündigung der sämmtlichen im Umlauf befindlichen Schuld- 
verschreibungen — unter Ausschluß dieser Kündigung bis zum 1. Januar 1885 — 
dem Staate vorbehalten wurde. Auf Grund späterer Anleihegesetze (zuerst Gesetz vom 
11. Juni 1873), welche die Bestimmung des Zinssatzes dem Finanzminister über- 
ließen, wurden vom Jahre 1876 auch 4prozentige Konsols ausgegeben. Auf gleichen
	        
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