Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Staatsanwaltschaft. 739 
recht d. Deutschen Reiches, in Hirth's maben ;ài2m2 S. 435 ff. — v. Rönne, Staatsrecht 
des Deutschen Reiches, 2. Aufl.— Bd. II. 85 ff.:; Derselbe, Staatsrecht der Preußischen 
Monarchie, 3. Aufl., Bd. I. 446 *7 II. 2 6. 723 ff. — Für die privatrechtliche 
Seite: Brinckmann, Lochucs d. Handelsrechts, § 125 (1860). — Endemann, Deutsches 
Handelsrecht, 3. Aufl., Heidelb. 1876, 3. Aufl.; § 139 (die öfentliche „Auleihet 8 go (d. 
Emissionsgeschäft). — Gareis, Das Teutsche H.N. Berlin 1880, S. 403 ff. 
Staatsanwaltschaft (ministere public): eine aes Hai#de, zu Non 
wesentlichen Funktionen die Betreibung der Strafverfolgung im Namen des Staates 
gehört und welche außerdem in größerem oder geringerem Umfang, je nach den 
Organisationsprinzipien der Rechtspflege in verschiedenen Ländern, auch eine Mit- 
wirkung im Civ. Prz. oder eine Thätigkeit als Aufsichtsorgan der Justizverwaltung 
ausübt. (S. Th. I. S. 778.) 
I. Geschichtliches. Das Alterthum kennt keine der heutigen S. analoge 
Einrichtung. Zwar finden sich im mittelalterlichen Prozeß Keime einer von Amts- 
wegen betriebenen und durch besonders beauftragte Personen wahrzunehmende Anklage- 
erhebung, insbesondere zur Geltendmachung fiskalischer Ansprüche. Doch gelangten 
dieselben nirgends, außer in Frankreich, zu einer folgerichtigen, auf die Gegenwart 
hinabgeführten Entwickelung. Der Ursprung der heutigen S. ist in Frankreich zu 
suchen. Im Anschluß an die ständigen Reichsgerichte (Parlamente) bildet sich dort 
zur Seite des richterlichen Amtes eine ständige Prozeßvertretung der Könige zur 
Betreibung der fiskalischen Angelegenheiten (gens du roi, procureurs du roi). Auf 
Grundlage der durch die Formen der Schriftlichkeit und Mündlichkeit bedingten, in 
dem Unterschiede der Anwaltschaft und Advokatur noch heute erhaltenen Arbeits- 
theilung unterschied man innerhalb dieser Amtsthätigkeit: procureurs du roi und 
avocats généraux. Die Häufigkeit der Konfiskationen und Geldbußen in der 
mittelalterlichen Strafrechtspflege und die zunehmende Verwaltungscentralisation in 
Frankreich erklären den allmählichen Entwickelungsgang der S. seit deren ersten An- 
fängen im XIV. Jahrhundert. Nach und nach verschmolz sich das fiskalische Interesse 
der Krone mit dem Rechtsinteresse der öffentlichen Ordnung. In der Ordonnanz 
Karls' VIII. (1493) und Ludwig's XII. (1498) traten die Umrisse des dem ministdre 
public gegebenen Wirkungskreises bereits deutlicher hervor: Denunziation der Ver- 
brechensfälle bei den Gerichten, Scheidung der action publique oder Strafklage von 
der action privée, Mitwirkung beim Gange der Untersuchung, Antragstellung be- 
züglich der zu verhängenden Strafe, Betreibung der Urtheilsvollstreckung, Aufsicht 
über den Geschäftsgang der Gerichte. Unter den Generalprokuratoren bei den 
Parlamenten standen Prokuratoren bei den königl. Amtsgerichten, Prévotalhöfen. 
Diesem Muster nachgebildet, fungirten auch in der justice seigneuriale Prokuratoren 
der großen Kronvasallen, so daß die Patrimonialjustiz den in den königlichen Gerichts- 
höfen gegebenen Impulsen folgte. Bereits im XVI. Jahrhundert erscheint die 
Grundgestalt der S. vollendet. Besonders hervorzuheben sind die königlichen Or- 
donnanzen aus den Jahren 1522, 1539, 1553, 1586. Nicht zu übersehen ist, daß 
das ministère public insofern eine unabhängige Stellung einnahm, als nach Ent- 
ziehung des königlichen Auftrags die Prokuratoren in die Reihen der Advokatur 
zurücktreten konnten; im Uebrigen waren dieselben naturgemäß an empfangene Auf- 
träge ebenso gebunden, wie Prozeßbevollmächtigte schlechthin. Als Werkzeuge der 
königlichen Macht verhaßt, unterlag die S. vorübergehend den gegnerischen Strö- 
mungen der revolutionären Bewegung, doch erklärten die Dekrete vom 8. Mai und 
27. September 1790 die S. für unabsetzbar (Ges. vom 1. Dez. 1790; Code des 
delits et des peines vom 3. brumaire IV; Ges. vom 27. ventöse VIII; S. C. vom 
28. floréal XII). Ihre moderne Form erhielt die S. durch die Franz. Straf PO. 
vom 17. Nov. 1808 und das Organisationsges. vom 20. April 1810. Von gering- 
fügigen Aenderungen abgesehen, blieb die S., was sie unter Napöleon geworden 
war: eine abhängige, die Unabhängigkeit der Franz. Gerichte bedrohende, in alle 
Schwankungen der politischen Parteien hineingezogene, im Straf= und Civ. Prz. 
47 *
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.