68 Polizelaufficht.
mine.“ Nachdem auch ein Dekret vom 19 Ventöse XIII alle entlassenen forcats
unter die Aufsicht der Ortspolizeibehörde ihres Wohnortes gesetzt hatte, ergingen
die ausführlichen Bestimmungen des Code pénal von 1810 (art. 44, 45, 46 ss.), deren
Pringip darin bestand, daß entlassene Verbrecher für ihr gutes Verhalten entweder
Kaution leisten oder P. erleiden sollten. Dies System ward später vollständig
durch das Revisionsgesetz vom 28. April 1832 verändert. Die P. besteht in dem
Verbot, sich an bestimmten von der Regierung bezeichneten Orten aufzuhalten, den
Aufenthaltsort ohne vorherige Abmeldung zu verlassen und bindet den davon Be-
troffenen an eine Zwangsroute. Uebertretung dieser Beschränkungen bildet das Ver-
gehen der rupture de ban. (Ueber die weiteren Ausführungsmaßregeln: das
ministerielle Cirkular vom 18. Juli 1833.) Die Strafe der P. ist entweder lebens-
länglich oder zeitlich. Sie tritt entweder ipso jure ein, so daß der Richter nicht
darauf zu erkennen braucht (bei allen Verurtheilungen zu travaux forcés auf Zeit,
bei détention und réclusion, banissement), oder sie wird in Gemäßheit des Gesetzes
vom Richter ausgesprochen, um den Thäter als gefährlich zu kennzeichnen. Auch beie
politischen Verbrechen findet die P. Anwendung (art. 47—50 des Code pénal),
desgl. bei gewissen Vergehen gegen das Eigenthum. Aus der Beziehung der P. zu
den politischen Verbrechen erklärt sich das aus Anlaß des Staatsstreiches ergangene,
durch die Regierung der Nationalvertheidigung am 24. Oktober 1870 aufgehobene
Dekret vom 8.—12. Dezember 1851, wonach allen unter P. stehenden Individuen
der Aufenthalt in Paris und der Bannmeile untersagt ist und rupture de ban (nach
dem Code pénal im Maximum mit fünf Jahren Gefängniß strafbar) administrative
Transportation nach Cayenne oder Algier ohne richterliches Erkenntniß nach sich
ziehen konnte. Auch das neue Belg. Straf GB. (art. 35) stimmt im Wesentlichen
mit den Bestimmungen des Franz. Rechts nach dem Gesetz vom 28. April 1832
überein. Lebenslängliche P. kann nur gegen rückfällige Verbrecher erkannt werden;
in allen anderen Fällen ist die P. eine zeitliche, von mindestens fünf= und höchstens
zwanzigjähriger Dauer. Weitere Veränderungen enthält das Franz. Gesetz vom
30. Juni 1874. Dies Gesetz läßt vier neue Artikel an Stelle der alten art. 44,
46, 47 48 des Code pénal treten. Die Stellung unter P. giebt der Regierung das
Recht, den Entlassenen den Aufenthalt an gewissen Orten zu untersagen. Einen
bestimmten Aufenthaltsort anzuweisen, ist die Regierung nur dann befugt, wenn der
Sträfling es unterließ, vierzehn Tage vor dem Ende der Straßzeit einen Wohnsitz
zu wählen. Ohne Autorisation der Regierung kann der Sträfling seinen Aufent-
haltsort nur von sechs zu sechs Monaten wechseln. Das Maximum der P. beträgt
20 Jahre, wenn auf Zwangsarbeit, Reklusion oder Detention erkannt wurde; der
Richter ist nicht mehr gezwungen, auf P. zu erkennen. Auch die Verwaltungs-
behörde kann die Ausführung der P. suspendiren, während ausdrücklich die früheren
Streitfragen entscheidend anerkannt wurde, daß auch durch Begnadigung die Strafe
der P. aufgehoben werden kann. (S. auch das Justizministerial-Cirkular vom 21. Febr.
1874.) Unzweifelhaft nähert sich das neue Franz. Gesetz den im Deutschen Straf GB.
ausgesprochenen Auffassungen.
Die Mehrzahl der Deutschen Strafgesetzbücher hatte die P. als Strafmittel
aufgenommen; am meisten näherte sich das Preuß. Straf GB. von 1851 den ehe-
maligen Franz. Anschauungen, indem das Eintreten der P. wesentlich von dem
Charakter der strafbaren Handlung abhängig gemacht wurde, ohne Rücksicht auf
Persönlichkeit des Thäters. Die Meinung der Sachverständigen und insbesondere
der Gefängnißbeamten wendete sich indessen fast einmüthig gegen diese Strafart, die
als ein Hinderniß gegenüber dem bessernden Erfolg des Strafvollzuges erkannt ward.
Man erinnerte vorzugsweise daran, daß durch P. das Fortkommen entlassener Sträf-
linge, und folglich auch deren Besserung erschwert werde. In Frankreich, wo die
P. am strengsten durchgebildet ist, findet man eine auffallend hohe Zahl von Rück-
fälligen. In Berücksichtigung der gegen die P. geäußerten Beschwerden und in An-