Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Staatsbeamte. 747 
wie z. B. die Erhebung gewisser Abgaben, die zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit 
und Ordnung nöthige Polizeigewalt u. dgl. bestimmten Korporationen und Verbänden 
übertragen und ihnen damit auch das Recht verliehen, zur faktischen Ausführung 
dieser Rechte und Pflichten Personen selbst anzustellen, indem sie sich bald ein 
Bestätigungsrecht vorbehalten, bald auch auf dieses verzichtet hat. Da nun in dieser 
Verleihung eine Delegation des unveräußerlichen Rechts der Aemterhoheit nicht 
liegt, trägt die Anstellung dieser Personen einen etwas anderen Charakter als die der 
unmittelbaren S. Während bei diesen die Verleihung des Amtes ein Ausfluß jenes 
Hoheitsrechts, ein rein staatsrechtlicher Akt ist, geht sie bei jenen nach einer gewissen 
Richtung hin in ein Vertragsverhältniß über. Früher hat man wol versucht, die 
Vertragstheorie auch bei der Anstellung der unmittelbaren S. zu verwenden, indem 
man in der Verleihung des Amtes die Annahme der von dem Bewerber gemachten 
Offerte erkennen wollte und das so geschaffene Vertragsverhältniß bald als Mandat, 
bald als Vertrag über Handlungen definirte. Allein die Konsequenzen dieser An— 
schauung treten nach verschiedenen Seiten hin mit der dem Beamten zugewiesenen 
Stellung in so grellen Widerspruch, daß sie sich bald als unhaltbar erwies und der 
Anerkennung des rein staatsrechtlichen Charakters des Beamtenverhältnisses den 
Platz räumte. Wenn auch im Allgemeinen die lebenslängliche Anstellung eines 
Beamten als Regel gilt, ist sie doch kein nothwendiger Bestandtheil der Ernennung: 
vielmehr kann diese auch für einen bestimmten Zeitraum, wie dies bei den mittel— 
baren Staatsbeamten theils gesetzliche Vorschrift, theils Gewohnheit ist, ja sogar auf 
Kündigung erfolgen, ohne daß dadurch das Wesen des Verhältnisses eine Aenderung 
erleidet. Ebensowenig ist die Entgeltlichkeit, also die Gewährung eines bestimmten 
Gehalts ein Erforderniß; auch die unentgeltliche Verwaltung eines Amtes giebt dem 
Verwaltenden die Eigenschaft eines Beamten. Man hat endlich auch noch die An— 
sicht vertheidigt, daß die Beamtenqualität nicht auf dem Akt der Verleihung des 
Amtes, sondern auf der Leistung des Diensteides beruhe. Allein durch sie wird nur 
der Zeitpunkt bezeichnet, mit welchem die Ausübung der Amtsfunktionen beginnt, 
ein Zeitpunkt, der nicht ausschließt, daß schon vorher die Eigenschaft des Beamten 
erworben war. Selbst der Mangel der Leistung eines Diensteides berührt diesen 
Erwerb nicht, noch entzieht er dem Angestellten die Beamtenqualität (RStraf G. 
§ 359). Das Recht der Anstellung wird bei mittelbaren Staatsbeamten durch 
diejenigen Organe ausgeübt, welche das Gesetz dazu bestimmt, bei unmittelbaren 
aber durch den Träger der Staatsgewalt, also den Landesherrn, und zwar bald 
persönlich, bald durch Andere, welche in seinem Auftrage zu handeln berufen sind, 
wie z. B. in Preußen durch die Minister und höhere Provinzialbeamte (ck. z. B. 
5 13 der Gerichtsvollzieherordnung, nach welcher Gerichtsvollzieher durch den Prä- 
sidenten des Oberlandesgerichts in Gemeinschaft mit dem Oberstaatsanwalt ernannt 
werden). Wie weit hierbei die Landesrechte auseinandergehen, zeigen die Vorschriften 
über die Anstellung der Gerichtsschreiber, welche in Preußen nach dem Gesetz vom 
3. März 1879 durch den Justizminister, in Bayern nach Art. 59 des Ausführungs- 
gesetzes durch den König ernannt werden. Durch den Eintritt in das Amt übernimmt 
der unmittelbare, wie der mittelbare Staatsbeamte eine Reihe von Pflichten, für 
deren Erfüllung er verantwortlich wird, und überkommt Rechte, die er geltend zu 
machen befugt ist. Erstere sind theils persönlicher, theils vermögensrechtlicher Natur. 
Jene beschränken sich nicht nur auf die Erfüllung der mit dem Amte verbundenen 
amtlichen Funktionen, sondern ergreifen die ganze Persönlichkeit des Beamten während 
der Dauer seiner Amtsverwaltung. Es soll der Beamte nicht allein alles dasjenige 
thun, was das Amt an sich erfordert, sondern er soll auch das mit demselben ver- 
bundene Ansehen und die ihm beigelegte Autorität durch sein ganzes Verhalten, 
sowol während der amtlichen Thätigkeit, wie außerhalb derselben aufrecht erhalten 
und dem Ansehen und der Wirkung seiner Amtshandlungen nicht durch ein seiner 
Stellung unwürdiges Benehmen oder Leben störend und hindernd entgegentreten.
	        
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