Staatskassenverwaltung. 753
Oberrechnungskammer betreffenden Gesetzes vom 27. März 1872. Die Normen für
die Rechnungsrevision dieser Behörde sind enthalten in der berühmten Instruktion
für die Oberrechnungskammer vom 18. Dezember 1824 (vgl. dieselbe in Anlage A
zu Nr. 148 der Drucksachen des Abgeordnetenhauses von 1871—72). Diese In-
struktion ist rückwärts wirkend die Grundlage für die Führung des Staatshaushalts
und die Kassenverwaltung geworden und enthält alles Wesentliche eines sog. Etats-
(Komptabilitäts-) Gesetzes, weshalb auch der dem Reiche vorgelegte Entwurf eines
solchen Gesetzes vorzugsweise an jene Instruktion sich anlehnt (vgl. Drucksachen Nr.
15 und 16 des Reichstages für 1877).
Gemäß dem Grundsatze, daß alle Einnahmen des Staates in eine Kasse fließen,
aus welcher die Bedürfnisse für alle einzelnen Verwaltungszweige zu bestreiten sind —
so daß also, von bestimmten im Etat oder Spezialgesetzen angeordneten Ausnahmen
abgesehen, keine Einzelverwaltung ihre für gewisse Zwecke refervirte Sondereinnahmen
hat —, werden etats= und buchmäßig sämmtliche Staatseinnahmen dem Finanz-
minister als Deckungsmittel für die Ausgaben überwiesen. Sämmtliche Einnahmen
und Ausgaben vereinigen sich demnach rechnungsmäßig in einer Kasse — der General-
staatskasse. Zur Vermittelung des Einnahme= und Ausgabegeschäfts dienen Unter-
kassen. Die Gliederung ist folgende:
Die Generalstaatskasse, die Hauptcentralkasse; — Provinzialkassen —
für einzelne Einnahmezweige (Provinzialsteuer-, Oberbergamtskassen) oder für alle
Einnahmen und Ausgaben (Regierungshauptkassen); — Spezialkassen — für
die einzelnen Verwaltungszweige (Domänen-, Forst-, Steuer-, Bergamtzkassen 2c.).
Zwischen den ersten beiden Kategorien bestehen für einzelne Einnahme= oder Aus-
gabezweige noch Centralkassen, sogen. Generalkassen, z. B. Generallotteriekasse,
Staatsschuldentilgungskasse, Generalkasse des Ministeriums der Geistlichen 2c. An-
gelegenheiten. Das Personal dieser Kassen besteht aus dem Rendanten, dem Kon-
troleur, Kassirer, Buchhalter, Unterbeamten, bei den Spezialkassen blos aus dem
Rendanten, bei den größeren noch dem Kontroleur. Daneben besteht zur Kontrole
die sog. Kassenkuratel, welche in der Regel von einem höheren Beamten (Kassen-
rath) geführt wird und sich namentlich in den gewöhnlichen (monatlichen) und
außergewöhnlichen Kassenrevisionen äußert (Kab. Ordre vom 19. Aug. 1823). —
Zur Sicherstellung der Kassen haben die Hauptkassenbeamten die Pflicht zur
Kautionsbestellung (Reichsgesetz vom 2. Juni 1869 und Preuß. Gesetz vom
26. März 1873 nebst Verordnung vom 10. Juli 1874 r2c.). Außerdem haben die
Spezialkassen ihre Ueberschüsse pünktlich an die höhere Kasse abzuliefern. Allgemeine
Instruktionen für sämmtliche Kassen bestehen in Preußen nicht. Hervorzuheben ist
das Regulativ wegen künftiger Einrichtung des Kassenwesens vom 17. März 1828
(v. Kamptz, Annalen, S. 285) und die Geschäftsanweisung für die Regierungs-
hauptkassen vom 1. Juni 1857. Außer dem eigentlichen Zahlgeschäft ist die
Hauptthätigkeit der Kassen die Buchführung und die Rechnungslegung. Die
Buchführung ist eine chronologische und eine spystematische, ersteres durch die
Journale, letzteres durch die Manuale. Beide müssen übereinstimmen und in jedem
Moment eine vollständige Uebersicht über den Kassenverkehr und den Kassenbestand
geben. — Etwaige Kassendefekte werden durch einen summarischen Beschluß der
Aussichtsbehörde festgestellt und exekutivisch eingezogen (Preuß. Verordn. vom 24. Jan.
1844 und Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873, 8§ 134 ff.).
Um der Finanzleitung eine fortlaufende Uebersicht über die Ergebnisse der S.
und über die Lage des Staatshaushalts zu verschaffen, war früher die sogen. General=
kontrole eingerichtet (Verordn. vom 3. November 1817), welche später einschließlich
der sogen. Staatsbuchhalterei ausgehoben wurde (Kab. Ordre vom 29. Mai 1826
und 19. Juli 1849). Durch Instruktion des Finanzministers vom 15. Dezember
1858 ist zu dem gedachten Zweck im Finanzministerium die sogen. Hauptbuch-
halterei eingerichtet. An diese werden von allen General-, Provinzial= und
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 48