Staatskassenverwaltung. 755
ausgaben aus nicht übertragbaren Fonds können nicht zur Deckung der laufenden
Ausgaben des folgenden Etatsjahres verwendet werden. Sind die Restausgaben
am Ende des zweiten Jahres nicht geleistet, so werden die Reste als erspart ver-
rechnet und die Ausgaben aus laufenden Fonds bestritten. Die sog. Restverwal-
tung, wie sie nach dem Vorhergehenden in Preußen besteht, hat im Reich
wesentliche Modifikationen erfahren. In Frankreich ist sie gänzlich unbekannt,
weshalb dort die Abschlußtermine erheblich weiter über den Jahresschluß erstreckt
sind (für das ordonnancement bis zum 31. Juli, für die Zahlung bis zum
31. August).
Jede Ausgabeposition des Etats (Ausgabefonds)y) bildet einen Kredit, welcher
dem Chef derjenigen Verwaltung, für welche die dem Staatshaushaltsetat bei-
gegebenen Spezialetats aufgestellt sind, eröffnet ist. Der Verwaltungschef ist der
zur Verfügung über diese Fonds Berechtigte. Keine Zahlung darf ohne eine An-
weisung des zur Verfügung berechtigten Chefs oder des von diesem beauftragten
Beamten geleistet werden. Soweit die Kassenetats den Empfangsberechtigten be-
zeichnen, enthält derselbe den Generalauftrag an die Kasse zur Zahlung. Im
Uebrigen ist die Fondsverwaltung durch Instruktionen geregelt, z. B. durch die
Verfügung des Justizministers, betreffend die Vorschriften über die Fondsverwaltung
bei den Justizbehörden, vom 28. September 1879. Die Generalanweisung durch
den Kassenetat bildet eine wesentliche Vereinfachung gegen das umständliche Ver-
fahren bei dem ordonnancement, wie es in Frankreich üblich ist, ohne der Sicherheit
Eintrag zu thun. Jede Ausgabe — und entsprechend die eine solche anordnende
Anweisung — muß dem Zvecke entsprechen, für welchen die Bewilligung im Etat
erfolgt ist. Die Leistungen von Ausgaben aus dem einen Fonds zu Zwecken eines
anderen Fonds (sog. Uebertragungen) sind unzulässig. Mehrzahlungen über die etats-
mäßigen Summen oder außerhalb eines bestimmten etatsmäßigen Zweckes erfordern
eine besondere Behandlung.
Da nämlich der Staatshaushaltsetat nur einen „Voranschlag" der Einnahmen
und Ausgaben enthält, so kann die Ausführung desselben Mehr= und Mindereinnahmen
und -Ausgaben zur Folge haben. Von besonderer Wichtigkeit sind die Mehraus-
gaben, d. h. die Etatsüberschreitungen, welche sich gegen die Titelsummen der von
dem Landtage beschlossenen Spezialetats sowol, wie gegen diese Etats überhaupt
(außeretatsmäßige Ausgaben) ergeben. Zu solchen Etatsüberschreitungen ist im
Laufe der Verwaltung die Zustimmung des Finanzministers und die Genehmigung
des Königs erforderlich. Außerdem ist eine Nachweisung derselben im nächsten
Jahre, nachdem sie entstanden sind, dem Landtage zur Genehmigung vorzulegen.
Diese Nachweisung wird dem Landtage alljährlich in der „Uebersicht von den
Staatseinnahmen und -Ausgaben“ vorgelegt, welche auf Grund der dem Finanz-
minister zugehenden Finalabschlüsse aufgestellt wird.
Nach dem Abschluß hat jede Kasse ihre Rechnung aufzustellen, welche in den
einzelnen Ansätzen (Etatssoll, Mehr oder Minder, Reste) das bei dem Abschluß fest-
gestellte Ergebniß der Kassenbücher wiederzugeben hat. Die Rechnungen sind —
nach erfolgter Vorprüfung (Abnahme) durch die Verwaltungsbehörden — nebst den
Belägen der Oberrechnungskammer einzureichen. Ebendahin gelangt auch die von
dem Finanzminister auf Grund der Spezialrechnungen aufgestellte allgemeine
Rechnung über den Staatshaushaltsetat.
Die Revision der Oberrechnungskammer hat sich zunächst auf eine kalkulatorische
Prüfung und Justifizirung der Rechnungen und der Beläge zu erstrecken; außerdem
aber namentlich darauf:
ob bei der Erwerbung, der Benutzung und der Veräußerung von Staatseigenthum
und bei der Erhebung und Verwendung der Staatseinkünfte, Abgaben und
Steuern, nach den bestehenden Gesetzen und Vorschriften, unter genauer Beachtung
der maßgebenden Verwaltungsgrundsätze verfahren worden ist, und
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