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Schuldverschreibungen nicht anders als auf Grund eines Gesetzes und nachdem die
etwa erforderlichen Mittel bewilligt sind, vorgenommen wird. Der Direktor und
die Mitglieder der Hauptverwaltung der S. haben zu Protokoll zu erklären, daß
sie den von ihnen nach § 9 des Gesetzes vom 24. Februar 1850 geleisteten Eid
auch für die durch das gegenwärtige Gesetz ihnen übertragene Verwaltung als maß-
gebend anerkennen. Die Geschäfte der Staatsschuldenkommission werden von einer
Bundesschuldenkommission wahrgenommen, welche aus drei Mitgliedern des Bundes-
raths, und zwar aus dem jedesmaligen Vorsitzenden des Ausschusses für das Rechnungs-
wesen und zwei Mitgliedern dieses Ausschusses, ferner aus drei Mitgliedern des
Reichstags und aus dem Präsidenten der Rechnungsbehörde des Nordd. Bundes,
bis zu deren Errichtung aber aus dem Chef-Präsidenten der Preuß. Oberrechnungs-
kammer, welcher besonders zu vereidigen ist, besteht. Der Bundesrath wählt die
Mitglieder von Session zu Session, der Reichstag auf drei Jahre; den Vorsitz führt
der Vorsitzende des Ausschusses des Bundesraths für das Rechnungswesen oder bei
dessen Behinderung ein anderes dem Bundesrathe angehöriges Mitglied der Kommission;
zur Beschlußfähigkeit gehört die Anwesenheit von mindestens fünf Mitgliedern. Die
Bundesschuldenkommission hat dem Bundesrathe und dem Reichstage gegenüber die-
selben Verpflichtungen, welche der Preußischen Staatsschuldenkommission gegenüber
den beiden Häusern des Preußischen Landtags obliegen.
Wiederum gelten für die Verwaltung und Kontrole der unverzinslichen S.
die analogen Grundsätze und Einrichtungen. (Vergl. insbes. das Reichsgesetz, betr.
die Ausgabe von Reichskassenscheinen, vom 30. April 1874, 88 6, 7.)
Der thatsächliche Zustand des gesammten Schuldenwesens ist endlich aus den
jährlich dem Landtage resp. dem Reichstage zu erstattenden Berichten der Staats-
resp. der Reichsschuldenkommissson auf das Genaueste zu ersehen. Dieselben finden
sich in den Anlagen zu den Stenographischen Berichten; beispielsweise der 25. Be-
richt der Preußischen Staatsschuldenkommission vom 24. Januar 1874 (für das
Jahr 1872) in Bd. IV. der Anlagen zu den Stenographischen Berichten des Ab-
geordnetenhauses 1873/74, Nr. 300; die Berichte der Bundes= und der Reichs-
schuldenkommission auch in Hirth's Annalen, Jahrg. 1871, S. 665 ff. und Jahrg.
1872 S. 1359 ff.
Lit.: Kletke, Lit. über das Finanzwesen des Preußischen Staates, 3. Aufl. 1876, S.
319 ff. — v. Rönne, Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie, 3. Aufl., Bd. I. Abth. 1
S. 445 ff., Bd. II. Abth. 2. S. 708 ff. — Richter, Das Preußische Staatsschuldenwesen
und die Preußischen Staatspapiere, Bresl. 1869. — Lband, Das Finanzrecht des Deutschen
Reiches Gigth 3 Annalen 18738, S. 437 ff.) — v. Rönne, Das Staatsrecht d. Deutschen
Reiches, 2. Aufl. 1876/77, Bd. I. S. 310 ff., Bd. II. Abth, 1 S. 85, 266 ff. — L. v. Stein,
Lehrbuch der Finanzwissenschaft, F Aufl. 1878, Bd. II. S. 455 ff. Gehe- lehrreich). — Rau-
Wagner, Lehrbuch der Finanzwissenschaft, 7. Aufl. Urf Th. I. 4 ff. — Wagner,
Art. S. in Rentzsch's Handwörterbuch u. in Bluntschli#'s Süsmnt . — Michaelis,
Ueber Spatsnpleon (Volkswirthschaftl. Schriften, Bd. II. 1873). Ernst Meier.
Staatsservituten (öffentliche Servituten, Th. I. S. 1001) find
dauernde reale Beschränkungen der Ausübung der Staatshoheit eines unabhängigen
Staates im Interesse eines anderen Staates. Die hierbei in Betracht kommenden
Subjekte sind zwei von einander unabhängige Staaten. Ausnahmsweise kann freilich
auch ein einzelner Mensch berechtigtes Subjekt sein, der aber hier nicht als Unter-
than eines bestimmten Staates in Betracht kommt, sondern als ein „unter dem
Schutze des Völkerrechts stehendes Individuum“ (9 effter). Ein Beispiel dafür
bot früher dar das den Fürsten Thurn und Taxis zustehende Postrecht. Auf keinen
Fall bedingt es das Wesen der S., daß der aus denselben hervorgehende Vortheil
dem berechtigten Staat unmittelbar und ausschließlich zukommt; er kann zunächst
den Unterthanen desselben zugute kommen. Der Begriff der S. wird nicht ver-
ändert, wenn die beiden Staaten Glieder eines und desselben Staatenbundes oder
Bundesstaates sind, obwol man in diesem Falle dieselben staatsrechtliche Servi-