768 Stabel —. Städtereinigung.
Lit.: Gönner, Entwickelung des Besriffs und der rechtlichen Verhältnisse Deutscher
Staalarechtadienstbarkeiten, Erlangen 1800. — Klüber, Oeffentliches Recht des Deutschen
Bundes, §§ 559—562. uBacharis, Deutsches Staats= u. Vundesrecht, II. § 240. L#. Leffter.
Das europeische Völkerrecht, §
Stabel, Anton, 5 9. X. 1806 zu Stockach, studirte in Freiburg u. Gede.
berg, wurde 1832 Obergerichtsadvokat in Mannheim, 1841 Prof. in Freiburg,
1849 Staatsrath und Präses des Justizministeriums, 1851 geheimer Rath, 1852
Präsident der 1. Kammer, trat 1866 in Ruhestand, jedoch 1867 wieder als Justiz-
minister ein, 1868 pensionirt, 20. III. 1880.
riften: Vorträge über FranzB und Bad. Civilrecht, Freiburg 1843. — dra en der
Zeit 5 . Bad. Rechtspflege, Freiburg 1844. — Vorträge über den bürgerl. Proze Peidelb.
1845. — Institutionen d Franz. Civilrechts, Mannh. 187
Lit.: Augsb. Alg.8 2 1880, S. 1288. — lannh, 1K1 Zuchett, Handb. des Franz.
Civilrechts, Hödei 1874, I. 29. — v. Weech, Biogr., III. 168. Teichmann.
Städtereinigung. Die Entfernung der Auswunsiate aus dem Bereiche
städtischer Wohnplätze hat man seit frühester Zeit — wie schon aus dem alten
Testamente zu ersehen — als Gegenstand öffentlicher Fürsorge anerkannt, und die
zum Theil noch heute ihrem Zwecke dienenden großartigen Kloakenkanalbauten der
Römer lassen erkennen, welch hohen Werth dieselben auf Reinhaltung ihrer Städte
legten. Eine viel wichtigere Bedeutung aber hat diese Aufgabe für die Gesundheits-
polizei gewonnen durch die Forschungsergebnisse der Neuzeit über die Beziehung der
fäulnißfähigen Schmutzstoffe zur Entstehung und Verbreitung der sogen. zymotischen
Krankheiten, des Typhus, der Cholera 2c. Seitdem ein naher Zusammenhang
zwischen dem Auftreten dieser Seuchen und der Uebersättigung des Wohnbodens mit
jenen Stoffen, namentlich mit solchen von exkrementieller Herkunft, sich herausgestellt
hat, ist die Aufgabe einer Bekämpfung dieser Schädlichkeitsquelle durch öffentliche
Maßnahmen eine der dringendsten, freilich zugleich schwierigsten in unseren großen
städtischen Gemeinwesen geworden, deren rasches Anwachsen ohnehin das Uebel noth-
wendig zu einer früher nicht gekannten Ausdehnung steigern mußte. Manche Städte,
deren häusliche und gewerbliche Abfälle ehedem ein durchlässiger Untergrund oder
ein durchfließender Strom ohne Anstoßerregung aufzunehmen und in unschädliche
Orydationsprodukte umzusetzen vermochten, überladen bei ihrer jetzigen Einwohner-
zahl und Industrieentwickelung jene natürlichen Schmutzbefreier derart, daß Boden
und Flußufer zu Herden krankmachender Ausdünstungen werden und die öffentlichen
Ströme alle Verwendbarkeit ihres Wassers zu Genußzwecken einbüßen. Andererseits
weisen gerade die neueren Untersuchungen auf die Wichtigkeit einer schleunigen
Entfernung der Auswurfstoffe vor dem Eintritte ihrer Fäulniß
hin, so daß jede Aufspeicherung derselben im Bereiche menschlicher Athemluft un-
statthaft erscheint.
Zu diesen Erwägungen sanitärer Art tritt endlich als weiterer, wenn auch ver-
hältnißmäßig untergeordneter Gesichtspunkt die Bedeutung derselben Auswurfstoffe
als Mittel zur Bodendüngung, welche in gleichem Maße mit der zunehmenden
Dichtigkeit der Bevölkerung und der dadurch gebotenen intensiveren Bodenkultur an
Werth für den allgemeinen wirthschaftlichen Wohlstand steigen müssen.
Aus dem Bemühen der Verwaltung und der Technik, diesen mannigfachen
Gesichtspunkten möglichste Rechnung zu tragen, ist eine Anzahl verschiedener Systeme
von S. hervorgegangen, deren jedes seine eifrigen ausschließlichen Verfechter gefunden,
zwischen denen aber die jedesmalige Wahl, je nach den besonderen örtlichen Verhält-
nissen nicht überall gleich ausfallen kann. Das älteste und einfachste System, wie
es noch in der Mehrzahl der kleineren Städte überwiegend angetroffen wird, bilden
1) die Senkgruben, d. h. in die Erde vertiefte Sammel= und Versickerungs-
stätten für entweder nur den flüssigen Theil oder gar auch für den gesammten Un-
rath, deren Wandungen mit Mauerwerk bekleidet sind, deren Boden dagegen in eine
möglichst durchlässige Schicht, wo möglich bis unter den Grundwasserspiegel verlegt