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Geistlichen und anderen Religionsdienern dürfen aber die betreffenden Funktionen
nicht übertragen werden.
Die sächlichen Kosten der Standesregisterführung liegen den Gemeinden ob, nur
die Register und Formulare zu Registerauszügen werden kostenfrei von der Central=
behörde des Bundesstaates geliefert (§§8 8, 9).
Die Ausfsicht über die Standesbramten steht den Verwaltungsbehörden zu, soweit
die Landesgesetze nicht andere Aufsichtsbehörden bestimmen; wegen Ablehnung von
Amtshandlungen geht die Beschwerde jedoch an das Gericht E 11).
Jeder Standesbeamte hat zu führen: 1) ein Geburtsregister, 2) ein Heiraths-
register und 3) ein Sterberegister. In diese sollen die Eintragungen unter fort-
laufenden Nummern und ohne Abkürzungen, die wesentlichen Zahlenangaben mit
Buchstaben erfolgen. Jede Eintragung ist durch den Standesbeamten zu unter-
schreiben. Zusätze, Löschungen oder Abänderungen sind am Rande zu vermerken und
besonders zu vollziehen. Von jeder Eintragung ist eine zu beglaubigende Abschrift
in ein Nebenregister einzuschreiben, welches nach Ablauf des Kalenderjahres der Auf-
sichtsbehörde zur Prüfung und von dieser dem Gerichte zur Aufbewahrung zugestellt
wird (§§ 12—14).
Die ordnungsmäßig geführten S. beweisen die Thatsachen, zu deren Beurkun-
dung sie bestimmt und welche in ihnen eingetragen sind, bis der Nachweis der Fäl-
schung, der unrichtigen Eintragung oder der Unrichtigkeit der Anzeigen und Fest-
stellungen, auf Grund deren die Eintragung stattgefunden hat, erbracht ist (§ 15),
eine Vorschrift, welche durch das EG. zur Deutschen CPO. 8 16 Nr. 1 ausdrücklich
aufrecht erhalten worden ist.
Die Führung der S. und der darauf bezüglichen Verhandlungen erfolgt kosten-
und stempelfrei; nur für die Einsicht und für Auszüge sind sehr mäßig angesetzte
Gebühren zu zahlen (§ 16).
In Betreff der näheren Details, namentlich wegen der Anzeigepflicht der Ge-
burts- und Sterbefälle, der Agzeigefristen c., muß auf das Gesetz selbst verwiesen werden.
Lit.:: Friedberg, Das Recht der Eheschließung, deipzis 1875, S. 655 ff. — F.
lip, Die Civilstandsgesetze in der Preuß. Rheinprovinz, 3. Aufl., Elberfeld 1865. — Kah,
Die Ehe u. d. bürgerl. Standesamt nach Bad. R., 2. Aufl., Heidelt. 1872. — P. Hinschius,
Das Preuß. Gesetz über die Beurkundung d. Personenstands 2c. mit Komment., Berlin 1874;
Dexselbe Das Reichsges. über die Beurkundung des Personenstands 2c. mit Komment.,
2. Aufl., Berl. 1876. — v. Sicherer, Reichsges. über die Beurkundung. 2c., Erl. 1879.
P. Hinschius.
Standgericht: eine Art der mit der Ausbildung der Militärrechtspflege nach
und nach seit dem 16. Jahrhundert entstandenen Ausnahmegerichte für Soldaten.
„Standrecht“ ward vielfach für Kriegsrecht gebraucht, soweit selbiges auf die einem
Kriegsherrn unterworfenen Personen Anwendung findet, was entweder regelmäßig
gegenüber den Personen des Soldatenstandes, oder ausnahmsweise gegenüber auf-
ständischen Unterthanen oder feindlichen, in besetzt gehaltenen Gebietstheilen weilenden
Staatsangehörigen der Fall ist.
Die Norddeutsche (ehemals Preußische) Mil. StrafP O. von 1845 unterscheidet
E 82) Kriegsgerichte für die zur höheren und S. für die zur niederen Gerichts-
barkeit gehörenden Straffälle. Angeordnet wird das S. von dem Befehlshaber, dem
die Bestellung des Untersuchungsgerichts zustand. Kriegsgericht und S. zählen im
Gegensatz zu dem letzteren zu den Spruchgerichten. Die S. bestehen aus fünf
Richterklassen, von denen der Präses eine Klasse bildet, und aus einem Auditeur
oder untersuchungführenden Offizier als Referenten. Ueber die Richterklassen und ihre
nach dem Range des Angeschuldigten verschiedene Zusammensetzung bestimmt § 87
a. a. O.; über das Verfahren, bei welchem eine Vereidigung der Richter nicht statt-
findet, §8 448, 452; über die Bestätigung der Erkenntnisse, welche regelmäßig Sache
des das Spruchgericht bestellenden Befehlshabers ist, § 486. Ueber die Ausdehnung
des Kriegsrechts auf Privatpersonen s. d. Art. Belagerungszustand. Besondere