Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Stemann — Stempelsteuer. 783 
die Staatskasse übernommen hat, nachdem sie seit 1863 die betreffenden Gelder vom 
Gehalte der Gewählten abgezogen hatte. 
Ebenso nehmen das Reichsgesetz v. 31. März 1873, § 14, und die kaiserliche 
Verordnung v. 2. Novbr. 1874, § 6, den richtigen Standpunkt ein, indem sie be- 
stimmen, daß die Kosten für die Stellvertretung der Reichsbeamten im Falle einer 
Wahl zum Reichstage der Reichskasse zur Last fallen sollen. Nach demselben Prinzip 
verfahren auch andere Regierungen (z. B. Bayern) hinsichtlich der Wahlen zum 
Land= und Reichstag. Endlich haben noch einige Wahl= und Staatsdienergesetze 
(Sachsen, Braunschweig, Schwarzburg-Sondershausen, Schaumburg-Lippe) die Ueber- 
nahme der S. für die zum Landtag gewählten Staatsbeamten auf die Staatskasse 
ausdrücklich vorgeschrieben. 
In gleicher Weise muß die Frage auch da entschieden werden, wo die Verfassung 
den Eintritt eines Staatsbeamten in den Landtag an eine vorgängige Urlaubsertheilung 
bindet und lediglich die Versicherung giebt, daß der Urlaub nur aus erheblichen, dem 
Landtage mitzutheilenden (Sachsen, Meiningen) aber von diesem zu genehmigenden 
Gründen (Oldenburg) versagt werden dürfe; denn auch hier kann die Staatsregierung 
den Urlaub nicht verweigern, wenn der Landtag die Gründe der Urlaubsverweigerung 
nicht anerkennt: der Urlaub ist also auch hier ein nothwendiger und darf daher nicht 
durch Gehaltsabzüge bedingt werden, sofern die Landesgesetzgebung nicht eine entgegen- 
gesetzte Bestimmung enthält (wie Reuß ä. L.). 
Da wo die Verfassung bzw. die Wahlgesetze Nichts über den Urlaub der zum 
Landtag gewählten Beamten bestimmen, oder wo die Beurlaubung lediglich vom 
Ermessen der vorgesetzten Behörde abhängig ist, kann die Frage nach den S. nur 
auf Grund der Vorschriften der Staatsdienergesetze über die bei Urlaubsertheilungen 
zulässigen Gehaltsabzüge beantwortet werden, und zwar sind, wie insbesondere 
G. Meyer hervorhebt, die Beamten von den S. für befreit zu erachten, wenn Ge- 
haltsabzüge nur bei einem zu privaten Zwecken nachgesuchten Urlaube gestattet sind. 
Lit.: H. A nrin. Deutsches Staats= und Bundesrecht, 3. Au- ., Bd. I. S. 644, 
Note 14. — H. Zöpfl, Grundsätze des gem. Deutschen Staatsrechts, 5. Aufl., Band II. 
88 354, 355. — Thudich um, Verfassungsrecht des Norddeutsch. Buwdes, S. 154, 155. — 
mnsbesondere v. Rönne, Staatsrecht der Preußischen Monarchie, B3. Lufl. Bd. 1 Abth. 2 
S. 375 ff.; Derselbe, Staatsrecht des Deutschen Reichs, 2. Aufl., Bd. I. S. 245, 246. — 
Laband, Staatsrecht des Dut Cchen Reichs, Bd. J. 8 49 S. 551. — G. Meyer, Lehrb. des 
Deutschen“ Staatsrechts, § 150, S. 381 F. Brockhaus. 
Stemann, *s Ludwig Ernst von, 8 14. III. 1802 zu Kopen- 
hagen, 1826 Dr. jur. in Kiel, 1849 Departementschef i in der Schleswigschen Regierung, 
1852 Präsident des Appellationsgerichtes, 1864 von dem Preußischen Civilkommissar 
abgeietzt, Geheimeconferentsraad, Kammerherr, ## 14. III. 1876. 
Schriften: De veterum dotis actionum rei uxoriage atque ed stipulatu differentiis, 
1826. — Ebers, Themis, Neue Folge I. 248, 295. — Falck's Archiv II. 513, 529. — 
Sell's Jahrbb. III. 225, 368.— Schleswigs Recht und Gerichtsverfassung im 17. Jahr- 
hundert, 1855. — Das Güterrecht der Ehegatten im Gebiete des Jütschen Lovs, Kopenhagen 
1857. — Slesvigske Provindftalefterretnige III. 145, 249, 595. — Gesch. d. öff. und Privat- 
rechts Schleswigs, Kopenh. 1866, 1867. OlsNahrbb. für d. andestunde d. Herzogthümer IX., 
X.; Zeitschr. f. d. Landeskunde d. Herzogthümer, I. II. III. IV. — Den danstke Rets historie 
indtik Chr. V. Lov, Kbhvn. 1871. — Urkundl. Beiträge zur Gesch, der Herzogthümer, aus 
dem Nachlasse herausgegeben von Rechtsanwalt, Notar C. v. Stemann, Husum 1879. 
Lit.: Krit. V. J.Schr. XV. 167. — Schlyter, Glossarium, Lund 17., 4% XIII. sg. 
Teichmann. 
Stempelsteuer. Gesetzgebung und Praxis haben den Begriff einer sog. S. 
aufgestellt. Dieser Begriff ist jedoch ein rein äußerlicher, insofern die Erhebung 
gewisser Abgaben in der Form eines sog. Stempels, d. h. durch Verwendung eines 
Stempelpapiers oder in neuerer Zeit einer Stempelmarke, geschieht. Der Begriff 
der S. als einer besondern Steuerart ist jedoch unhaltbar, da unter dieser Form 
ganz verschiedenartige Abgaben, insbesondere einerseits Gebühren und andererseits 
Verkehrssteuern, erhoben werden, keine derselben aber, weder Gebühren noch Verkehrs- 
steuern, im ganzen Umfange stempelmäßig erhoben wird.
	        
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