88 Pönalklagen.
geahndet wird, so ist die Klage eine sog. actio vindictam spirans, so daß sie lediglich
seiner persönlichen Genugthuung dient und daher nicht als Bestandtheil seines Ver-
mögens auf seine Erben übergeht. Dagegen ist diejenige pekuniäre Schädigung des
Verletzers, welche selbst eine solche vergilt, zugleich eine pekuniäre Entschädigung des
Verletzten, und es ist dem Begriffe der P. durchaus nicht wesentlich, dem Verletzten
außer jener Entschädigung noch eine pekuniäre Bereicherung zu gewähren. Der Be-
trag der Geldstrafe ist bei der persönlichen Verletzung willkürlich; nach den zwölf
Tafeln beruht er auf gesetzlicher, nach dem prätorischen Edikte auf richterlicher
Taxation innerhalb des durch den Verletzten geforderten Maßes. In den Haupt-
fällen pekuniärer Schädigung beruhte dagegen das Maß der sie ahndenden Schädigung
des Verletzers auf dem Grundsatze der Talion. Bei der Schädigung durch An-
eignung oder beim furtum ergab dieses Prinzip die poena dupli, bei der Schädigung
durch Zerstörung oder beim damnum iniuria datum den einfachen Betrag des zer-
störten Werthes. Wie aber dort nach dem prätorischen (die Kapitalstrafe der zwölf
Tafeln abschaffenden) Edikte die Ertappung auf der That, so begründete hier nach
der lex Aquilia die Ableugnung im Prozesse eine Verdoppelung des Schuldbetrages.
Gleich der actio furti manikesti ging auf das Vierfache die Klage aus dem zu
iniuria, furtum und damnum iniuria datum hinzutretenden vierten und letzten der
kanonischen Privatdelikte des damnum vi hominibus armatis coactisve datum. Indem
es sich hier darum handelte, nicht blos die Schädigung des Verletzten, sondern die be-
sonders gefährliche Art ihrer Vollziehung durch Zusammenrottung und Waffengewalt
zu ahnden, traf dieses Delikt die höchste Strafe, indem es zur vierfachen Entschädigung
verpflichtete, ohne Rücksicht darauf, ob die fremde Schädigung wie beim furtum mit
eigenem Vortheile verbunden gewesen. Daß das Delikt als solches neben der Forderung
der Strafe eine zweite auf Entschädigung des Verletzten gehende Forderung begründe,
ist ein dem Römischen Rechte gänzlich fremder Gedanke, und wenn dem fur gegenüber
neben der actio furti die condictio furtiva aufgekommen ist, so darf nicht übersehen
werden, daß dieselbe keineswegs jedem durch das furtum Geschädigten zusteht, sowie daß
ihre Bezeichnung und Behandlung als condictio sie überhaupt dem Kreise der Delikts-
klagen entrückt. Wenn aber Justinian's Institutionen die actio vi bonorum rap-
torum als actio mixta bezeichnen, quia in quadruplo rei persecutio continetur,
so gehen sie damit von der Anomalie der neben der actio furti bestehenden con-
dictio furtiva als dem Normalen aus, indem jene gemischte Natur lediglich darauf
gegründet wird, daß in der Strafe des Vierfachen die Entschädigung des Verletzten
enthalten ist. Während ursprünglich die actio vi bonorum raptorum in ihrer
Strenge noch über die actio furti manifesti hinausging, da bei ihr auch die mit
keiner Aneignung verbundene Schädigung mit dem Vierfachen gebüßt werden mußte,
ist im neueren Rechte die Klage nicht mehr durch Zusammenrottung und Waffen-
gewalt, wol aber nach den Institutionen durch Aneignung bedingt, so daß es sich
nun um ein mit perfönlicher Vergewaltigung verbundenes furtum handelt, das merk-
würdiger Weise nicht einmal eben so streng gebüßt wird, als ein gewöhnliches aber
handhaftes kurtum. Denselben Mangel an wirklichem Verständniß der P. zeigen
die Institutionen bezüglich der actio legis Aquiliae, deren pönale Natur sie nur
insofern gelten lassen, als sie dem Kläger theils durch die eventuelle Verdoppelung
ihres Betrages, theils durch Berücksichtigung eines höheren als des durch die Ver-
letzung zerstörten Werthes mehr als volle Entschädigung zu gewähren vermag. Gerade
diese Klage zeigt aber ihre ungemischt pönale Natur dadurch, daß mehrere derselben
Beschädigung Schuldige je ihren vollen Betrag schulden.
Aus Justinian's Institutionen ist die schiefe Auffassung der P. in die neuere
Literatur übergegangen, in welcher sie namentlich durch Savigny's Auktorität sich
befestigt hat. Indem Savigny davon ausgeht, daß einerseits die eigentlichen
Strafklagen den Kläger, anstatt ihn blos zu entschädigen, bereichern, andererseits
aber der Einsicht sich nicht verschließt, daß manche Klagen uns in den Ouellen als