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das in der Affaire Sandon abgegebene, welches durch die Sektion späterhin glänzend
bestätigt wurde; über die spontane Verbrennung der Gräfin von Görlitz, über Tropp-
mann, über die Giftmorde durch de la Pommerais, durch Palmers u. A.
Schriften: Dictionnaire d’'hygiène publique et de salubrité, Paris 1862. — Etude
médico-Iégale et clinique sur Pempoisonnement (gemeinsam mit M. Z. Roussin), Paris
1875. — Eine große Anzahl von klassischen Arbeiten erschien zuerst in den Ann. d'hyg.,
ninl. über Kindesmord, Fehlgeburt, Erstickung, Sittlichkeitsverbrechen, übertragende Krank-
eiten 2c.
Lit.: P. Brouardel in dben Ann. d’hyg., Februar 1879. — Blachez in der Gaz.
hebd. de méd. vom 17. Januar 1879. — L'Un. méd. vom 18. Januar 1879. — F. de
Rauze in der Gaz. méd. de Paris vom 18. Januar 1879. Kornfeld.
Target, Guy-Jean-Baptiste, 5 6. XII. 1733 zu Paris, vertheidigte
schriftlich Louis XVI., betheiligt an den Vorarbeiten zum Code civil und Code
criminel, f 9. IX. 1806.
Lit.: Le tribunal et la Cour de cassation, 1879 p. 82—84. Teichmann.
Tartagnus, Alexander, 8 gegen 1424 zu Imola, wurde 1445 Doktor
in Bologna, lehrte in Pavia, Bologna, Ferrara, Padua, 1477.
Schriften: Dig. vetus, Venet. 1502, 1576. — Al. Tart. ad frequentiores ff. titulos,
ed. Ferrettus, Venet. 1595. — Comm. in lib. III. Decrett., Bonon. 1485. — Consilia, Lugd.
1547—1563; Francof. 1575, 1610. — Lect. in rubricam de fide, Mediol. 1490.
Lit.: v. Savigny, VI. 312—319. — Schulte, Geschichte, II. 328.
Teichmann.
Taubstummenwesen. Als Taubstumme bezeichnet man solche Personen,
welche entweder von Geburt an oder in Folge einer in frühester Kindheit erlittenen
Krankheit des Gehörs beraubt sind und bei denen sich in Folge dieses Verlustes
auch das Sprechvermögen nicht hat entwickeln können. Bei 85—90 0% der Taub-
stummen ist das Gebrechen angeboren. Daß diesen Unglücklichen ebenso wie den
Blinden eine möglichst weite Ausbildung zu Theil werde, damit sie um so eher zu
nützlichen Mitgliedern der bürgerlichen Gesellschaft werden, liegt nicht blos in den
Geboten der Menschlichkeit, sondern auch im wohlverstandenen Interesse des Staates.
Da man in Deutschland (im Jahre 1871) 38 489 Taubstumme, also 96 auf je
100 000 Einwohner zählte und die Gesammtzahl derselben in Europa auf mehr als
300 000 zu schätzen ist, so handelt es sich um einen nicht unerheblichen, mit der
Blindenzahl annähernd übereinstimmenden (in Deutschland dieselbe übersteigenden)
Bruchtheil der Bevölkerung, dessen wirthschaftliche Bedeutung durch den Umstand
erhöht wird, daß die entschiedene Mehrzahl — über 60 % — der Taubstummen
überall dem männlichen Geschlechte angehört. Ebenso wie bei der Blindheit
zeigt sich bei der Taubstummheit eine stärkere Betheiligung der Europäischen
als der Amerikanischen Bevölkerung. Für die Europäischen Länder ergiebt sich
ein Verhältniß von 78, für die Vereinigten Staaten von Nordamerika dagegen ein
solches von 42 Taubstummen auf je 100 000 Einwohner. Die geographische Ver-
breitung der Taubstummheit in Europa läßt als Regel eine Zunahme des
Uebels bei gebirgiger Bodenbeschaffenheit, dagegen eine relative
Immunität in den Niederungen erkennen. Eine Ausnahme von dieser Regel macht
in Deutschland nur der Nordosten, in dessen Tiefebenen, namentlich in Ostpreußen,
die Taubstummheit ebenso stark verbreitet ist wie sonst nur in Bergländern. Am
meisten klebt dies Gebrechen den Alpenländern an; in der Schweiz z. B. kommen
auf je 100 000 Einwohner 245 Taubstumme, in Salzburg 278, in Kärnten 4411
Inwieweit diese viel größere Häufigkeit in Gebirgsländern wirklich auf terrestren
Einflüssen beruhe und inwieweit soziale Lebensverhältnisse dabei eine mitwirkende
oder vorherrschende Rolle spielen, ist bis jetzt nicht ausgemacht. In den meisten
Europäischen Ländern ist eine Zunahme der Taubstummen nachweisbar; in Deutsch-
land gilt dies besonders von den industriellen Gegenden.
v. Holtzendorff, Enec. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 54