1466 Zmechnungssählglett.
Amtsehren- und Majestätsbeleidigungen begeht, ja selbst Racheakte gefährlichster Art
vollbringt. Die Mehrzahl aller vor Gericht so lästigen Querulanten dürften solche
Unglückliche sein.
Bei Verrückten, wo also keine affektvollen Zustände mehr vorhanden sind, wenn
der logische Mechanismus noch unversehrt und die Wahnideen nicht besonders auf-
fällig sind oder der Kranke, wie so oft, sie dissimulirt, kann es dem Laien, wozu
auch vielfach Aerzte gehören, begegnen, daß er das Individuum für gesund hält.
Auch hier schließt verständiges Sprechen über Dinge des alltäglichen Lebens Irresein
nicht aus. Solche „vernünftige“ Kranke, bei denen man hbchstens eine fixe Idee
fand, haben auch zur unfinnigen Theorie einer partiellen Z. Veranlassung gegeben.
4) Erworbener Blödsinn und Schwachsinn. Er ist der endliche
Ausgang aller nicht zur Heilung gelangenden Irreseinszustände oder findet sich
primär als begleitende Erscheinung schwerer Erkrankungen des Gehirns, seiner Hüllen
und seiner Gefäße, wie sie im Verlauf der dementia paralytica und dementia
senilis, ferner in Folge von habituellen Alkoholexzessen, Kopfverletzungen, Apoplexie
und Erweichungsprozessen im Hirn aufzutreten pflegen. Im Allgemeinen handelt es
sich hier um dauernde, unheilbare Zustände. Die Abstufungen sind hier fast ebenso
individuell verschieden wie bei den angeborenen psychischen Schwächezuständen. Im
konkreten Falle wären die Art und Weise der Reproduktions-, Kombinations= und
Aktionsfähigkeit — die Leistungen des Gedächtnisses, die Schärfe des Urtheils und
der Begriffe, die Schnelligkeit oder Langsamkeit des Gedankenablaufs, die Art des
Strebens, aber auch die ethischen und ästhetischen Urtheile und Anschauungen, die
zuweilen vorwiegend affizirt sind, zu prüfen. Von Wichtigkeit sind Zustände mäßigen
Schwachfinns, relativer geistiger Infuffizienz, wie sie nicht selten nach psfpychischer
Krankheit, namentlich Manie, als dauerndes Residuum sich finden. Die psychische
Schwäche wird nur dann merklich, wenn man die frühere Persönlichkeit kannte. Sie
äußert sich dann in einer gewissen gemüthlichen Abstumpfung, Indifferenz gegen
manche Lebensbeziehungen, geringeren Schärfe des Urtheils und der Erinnerung,
einer geringeren Aktivität des Vorstellens und Strebens bei verminderter Entschluß-
fähigkeit und leichterer Bestimmbarkeit. Eine solche sittliche und intellektuelle
Schwäche ist auch die traurige Folge der Alkoholexzesse.
Solche Menschen vermögen ihre Affekte nicht mehr zu bemeistern und lassen
sich leicht von schlechten Menschen zu strafbaren Handlungen (Unterschlagung, Dieb-
stahl, Meineid) verleiten. Wichtig ist die Verblödung im Greisenalter (dementia
senilis). Krankhafte Reizbarkeit, Mißtrauen, Verfolgungswahn können hier zu
kriminellen Handlungen führen. Zuweilen kommt es auch zu Exaltationszuständen
mit geschlechtlicher Aufregung und unzüchtigen Handlungen, namentlich mit Kindern.
Dieser Umstand verdient in foro alle Beachtung und fordert dringend in derartigen
Fällen eine exploratio mentalis.
Häufig hat es der Richter auch mit Fällen von dementia paralytica („Gehirn-
erweichung mit Größenwahn“) zu thun, namentlich im Beginn des Leidens, wo
die psychische Schwäche noch wenig entwickelt und durch eine maniakalische Exal-
tation verdeckt ist. Die kriminellen Handlungen bestehen vorwiegend in Sittlich-
keitsvergehen, Diebstahl, Raufhändeln, bei Beamten vielfach auch in Disziplinar-
vergehen.
Die Bewußtseinsstörung, Gedächtnißschwäche, Reizbarkeit, sittliche und intellek-
tuelle Abstumpfung, maniakalische Erregung und Sammelsucht motiviren sie.
Leider wird nur zu häufig das Pathologische solcher Fälle verkannt. Im
Anfang ist diagnostisch wichtig die totale Umänderung des Charakters, die nament-
lich in sittlicher Beziehung scharf markirt zu sein pflegt. In vorgeschrittenen Fällen
sichern die Bewußtseinsstörung, Gedächtnißschwäche, Einsichtslosigkeit, die Unsicherheit
der Bewegungen, Schwindelanfälle, Sprachstörungen die Diagnose des schweren
Hirnleidens.