872 Testamentsform.
Lit. u. Quellen: Glück, Bd. 7 u. 43. — Tewes, Syst., # 50. — Windscheid,
Lehrb., III. & 567. — D. 29, 8: C. 6, 32. — Preuß. Allg. LR. I. 12 S#8 208 ff. — Code civ.
art. 1007. — Oesterr. Dch. 798; Jurisd.-Norm; Notar.-O. v. 1871; Pat. vom 9. Aug,
1854. — Sächs. Bö. 88 ff. — Mommsen, Erbr.-Entw., 58 59 fl., W0d
e.
Testamentsform war im Altröm. Recht das feierliche „legare“ des #Goter-
samilias durch lex specialis vor der Volksversammlung (in comitlüs calatis, Friedens-
testament) unter deren Genehmigung, oder, falls der Testator miles war, im Kreise
des Heeres (in procinctu, Kriegstestament). Die Bezeichnung testamentum, testari
i. e. coram testibus legare, entstand erst, als die Volksversammlung (5 classes)
durch fünf Bürger als Zeugen, die mitwirkenden Magistrate durch den libripens
und familige emtor vertreten wurden, und der Akt vor diesen allen durch mancipatio
familiae (Scheinkauf per aes et libram) vom Testator vollzogen ward. Während
aus dem test. in procinctu allmählich das völlig formlose Militärtestament hervor-
ging, war nunmehr das Manzipationstestament das civile Privattestament. Bei
diesem aber begann man bald über den mündlichen Akt eine Beweisurkunde (tabulae)
mit Versiegelung und Namensausschrift (obsignatio, superscriptio) durch die fünf
Zeugen und die beiden anderen Mitwirkenden aufzunehmen, und der Prätor ge-
währte daraufhin dem darin genannten heres vorläufige Besitzeinweisung (bon. poss.
sec. tabulas). Indem man nun die Beweisurkunde allmählich als das Testament
selber anzusehen sich gewöhnte, und die symbolische Form der manc. familiae immer
seltener Anwendung fand, entstand ein prätorisches oder schriftliches Testament neben
dem nichtsymbolischen civilen oder mündlichen. Der Testator erklärt vor den nun-
mehrigen sieben Zeugen bei ersterem, daß eine vorgezeigte Urkunde sein letzter Wille,
bei letzterem, was sein letzter Wille sei. Nachdem in der späteren Kaiserzeit auch
noch öffentliche Errichtung, aber im neueren Sinne des instr. publicum, wiederaufgelebt
war, und sodann für besondere Umstände und Personen theils erleichterte theils
erschwerte Formen sich gestaltet hatten, ergab sich für das Justinianische Recht folgendes
System: I. Ordentliches Testament. A) Privates Testament. 1) Das
schriftliche (t. scriptum); hier erklärt der Testator, daß in einer den Zeugen
vorgezeigten Urkunde, gleichviel von wessen Hand geschrieben, sein Wille enthalten
sei, worauf er sie in Gegenwart der Zeugen unterschreibt (was nur dann nicht
erforderlich, wenn das Testament als eigenhändig geschriebenes, holographum, erklärt.
wird) und von den Zeugen unterschreiben und besiegeln läßt. 2) Das mündliche
(t. nuncupativum); hier erklärt Testator den gesammten Inhalt seines Willens vor
den Zeugen; der Testirakt ist damit abgeschlossen, eine hinterher über den Vorgang
aufgenommene Urkunde (t. nunc. in scripturam redactum) soll im Zweifel nur als
Beweismittel gelten. B) Oeffentliches Testament. Hier ersetzt die Zuziehung
einer mit publica fides begabten Person die Privatzeugen. Auch dieses ist entweder
1) ein schriftliches; der Errichtungsakt besteht in der offenen Ueberreichung der
schriftlich oder mündlich für Testament erklärten Urkunde durch den Testator an den
Prinzeps (t. principi oblatum) — nach späterer Praxis auch und zwar gewöhn-
licher versiegelt an die zuständige Behörde (t. judici oblatum) —, welcher den
Inhalt nicht zu erfahren braucht, sondern die Urkunde im Archiv hinterlegt und
deren Empfang bescheinigt. Oder 2) ein mündliches, wobei Testator persönlich
den Inhalt seines Willens der zuständigen Behörde zu Protokoll giebt und dadurch
das Testament errichtet (t. apud acta conditum) — dies nennt der Römer publicatio
testamenti —, gleichviel ob im Amtslokal oder in Testators Wohnung, gleichviel ob
letzterer das Protokoll behält oder deponirt. II. Die außerordentlichen Formen
(s. darüber die Art. Soldatentestament, Blindentestament 2c.). —
Gemeinsame Erfordernisse, und bei ordentlichen in allen Stücken unerläßlich, sind:
a) Einheit des Errichtungsaktes von Anfang bis zu Ende (unitas actus), d. h.
Vollendung ohne erhebliche Unterbrechung durch Fremdartiges nach Ort und Zeit;
natürlich liegt keine Unterbrechung darin, daß bei der Errichtung die Grenze