Generaldebatte. Lasker. 167
jedoch ohne jeden Vorbehalt, war Südhessen, von dem wir immer ange-
nommen haben, daß es, wenn einmal die Noth der Verhältnisse ch zwingt,
keine selbstständige Politik in Bezichung auf den Beitritt treiben werde; und
das ist wirklich geschehen, Hessen hat keine Bedingungen gestellt. Der Herr
Vertreter des Bundesrathes hat bestätigt, was beim ersten Lesen Jedem von
ms sich aufdrängte, daß die Verfassung, welche vereinbart ist zwischen dem
Nerddeutschen Bunde einerseits, Baden und Hessen andererseits, solche Ab-
änderungen in sich schließt, welche weder von Baden noch von Hessen ge-
ferdert, sondern die herübergenommen sind aus Verhandlungen zum Thbeil
mit Würtemberg, wie ich aber glaube, fast durchweg aus den Verhandlungen
mit Baiern. Denn auch in Würtemberg war, dirch das Verdienst des
Volkes zunächfst, und sodann auch durch den freimüthigen Anschluß der Re-
gierung, eine volle Wandlung vor sich gegangen. Dieses selbe Würtemberg,
welches verwirrt durch die Verhältnisse des Jahres 1866, dem Anschluß an
das übrige Deutschland am fernsten zu stehen schien, war, als die gewaltigen
Ereignisse dieser Verwirrung ein Ende machten, gleichfalls bereit, entweder
ohne Bedingungen, oder mit solchen, welche das Wesen der Verfassimg gar
nicht berühren, in den Norddeutschen Bund einzutreten, und soweit die That-
sachen mir zur richtigen Kenntniß gekommen sind, glaube ich, daß diese Linie
des Handelns sowohl durch das Volk, wie von der Regierung Würtembergs,
durchweg bis zum Abschluß eingehalten worden ist. Zu meinem großen Be-
dauern nehme ich wahr, daß Würtemberg einzelne kleine Reservate gemacht
bat, welche nicht von großer Bedeutung für Würtemberg selbst, dem Ganzen
aber schädlich sind, weil bei diesen kleinen Punkten der Bruch in das Prinzip
volliger Uebereinstimmung bereits begonnen hat. Der Vorbehalt, den
Würtemberg in Betreff der Ueberschüsse bei der Verwaltung des Militär-
wesens machte, war seiner wirklichen finanziellen Bedeutumg nach nicht werth,
daß man den Weg der Ausnahme beschritt, zumal da ich es für unzweifel-
baft halte, daß Würtemberg vermöge dieser Bestimmung keinen Antheil
rimmt an den etwaigen Ueberschüssen der Bundes-Militärverwaltung, und
daß es diejenigen Zuschüsse, welche die Militärverwaltung erfordert, aus
seiner eigenen Kasse zahlen muß. Die Ordmung dieses Punktes ist also kein
sicherer Vortheil für Würtemberg, sondern eine Spekulation auf eine unge-
wisse Zukunft. Dennoch lasse ich alle Abänderungen der Verfassung gelten,
wie sie für Würtemberg, Baden und Hessen geordnet sind; sie widersprechen
nicht den Grundlagen des Norddeutschen Bundes, und ich sehe durch sie nir-
hend die Wirksamkeit des neuen Deutschen Bundes gefährdet. Denn die
Vermehrung der Stimmenzahl im Bundesrathe, welche für Veränderung der
Verfassung und Kompetenz-Erweiterungen vorgeschrichen wird, ist bis zu
einem gewissen Grade gerechtfertigt, wenn man auf die föderative Entwicke-
lung des Bundes ernst und ebrlich eingeht, und andererseits hat sie keine
zeführliche Bedcutung, sofern es sich blos um die Auedehnung des Bundes
amf Bürtemberg, Baden und Hessen handelt, denn ich finde unter diesen