Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Verfassung. Art. 4, Ziff. 16. Wagener. 257 
lichen. Das allgemeine Wahlrecht ist anerkannt worden als das Fundament 
unserer Verfassung, und, meine Herren, wenn Sie gegenwärtig mit einem 
gewissen Jubel das Gebäude der deutschen Verfassung durch das Kaiserthum 
erbehen wollen, so denken Sie auch daran, daß Sie das Fundament breiter 
mmd fester machen. (Bravo! linke.) 
Wagener (Neustettin)!): Meine Herren, ich habe lebhaft bedauert, 
daß die Herren, die bisher über die Preffreiheit gesprochen haben, von die- 
sem Gegenstande in der That sehr wenig zu verstehen scheinen, (Heiterkeit 
linke) denn wenn sie die Sache genauer geprüft hätten, dann würden sie 
wissen, daß alle die von ihnen gerühmten freiheitlichen Einrichtungen der 
einzelnen Landcsrerfassungen ganz unverändert fortbestehen bis dahin, daß 
sie durch ein rechtsgültig zu Stande gekommenes Bundesgesetz abgeändert 
werden und daß wir es im Reichstage vollständig in der Hand haben, ein 
solches, den freiheitlichen Institutionen der einzelnen Länder widersprechendes 
Bundesgesetz, nicht zu Stande kommen zu lassen. Meine Herren, mein Herr 
Vorredner hat uns allerdings einigermaßen graulich zu machen versucht, in- 
dem er uns dargelegt hat, wie es im nächsten Reichstage schauderbarer 
Beise wahrscheinlich kommen würde: Man würde den Herren bange machen 
mit der Sozialdemokratie und diese große Schaar aufgeklärter Männer hier 
im Reichstage würde in der That beschränkt und kurzsichtig genug sein, um 
sich in solcher Weise graulich machen zu lassen und in das reaktionäre Netz 
der Staateregierungen einzulaufen. Meine Herren, er hat dabei auch 
wabrscheinlich den Gedanken gehabt, daß hier auf dieser Seite des Hauses 
derarige Graulichkeitsversuche eine lebhafte Unterstützung finden würden. 
Ich kann ihm zu seiner Beruhigung sagen, daß ich es lebhaft bedauern würde, 
wen die Herren von der Sozialdemokratie irgendwie genirt oder beschränkt 
würden, hinter den Herren von der Fortschrittsrartei das wünschenswerthe 
Feuer fortzuunterhalten. (Heiterkeit.) Ich habe durchaus nichts dagegen und 
ich glaube, Sie werden es auch hier bei den Verhandlungen bemerkt haben, 
ich habe mich in völliger Ruhe verhalten, als man hier außer sich war über 
gewisse Ausschreitungen, denn ich erkenne dieselben als nothwendige Konse- 
quenzen gewisser Principien an, und ich freue mich jedesmal, wenn die 
Herren von der Fortschrittspartei einen recht handgreiflichen Beweis bekom- 
men, daß auch hinter ihnen noch Leute stehen, die den Wunsch haben, sie 
mit möglichster Feierlichkeit zu Grabe zu geleiten. (Heiterkeit.) Nun aber, 
meine Herren, lassen Sie uns doch einmal näher die Sache ansehen. Wenn 
die Herren bemängeln und bestreiten wollen, daß die Kompetenz des Reichs- 
tages überbaupt auf diese Dinge ausgedehnt werden solle, dann würde ich 
ibre Argumentationen einigermaßen verstehen; aber was wollen sie denn 
eigentlich machen? Sie geben zu: wir wollen die Kompetenz des Reichstages 
  
*) St. B. S. 118 r. o. 
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