Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

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444 Hessen. Verhandlungen der zweiten Kammer. 
vorerst nicht veranlaßt bat, indem sonst der Fall eintreten könnte, daß man 
jetzt eine Biersteuer abschaffte, die man vielleicht in einem balben Jahre 
oder in einem Jahre wieder ei zuführen hätte. 
Dernburg: Ich würde diese Gefahr, die der Herr Regierungscom- 
missär in den letzten Worten betont hat, nicht so hoch schätzen, und zwar 
aus dem einfachen Grunde, weil ich darin blos eine Unbequemlichkeit für 
die Beamten sehen würde, die ich lebbaft bedauerte, aber in der Aufrecht- 
erhaltung der Bestenerungsart einen Druck gegen eine lebensfähige 
uud, vie man anerkennen muß, trotz aller Maaßregeln emporstrebende 
Industrie. 
Ministerialrath Reidhardt: Ich muß dem widersprechen. Es ist 
durchaus nicht die Rücksicht auf die Bequemlichkeit der Beamten, sondern 
lediglich die Rücksicht auf die Sache, welche die Regierung von einer Aen- 
derung des bieher bestandenen Zustandes abhält. 
Dernburg: Es ist das leicht möglich, ich will die Motive nicht 
untersuchen, ich habe blos die Thatsachen, die vor mir liegen, zu prüfen, 
und diese Prüfung habe ich begennen. Ich komme zu einem Andern. Es 
scheiut mir ganz klar zu sein, daß, nachdem wir durch die Annahme der 
Verträge, wie sie uns heute vorliegen und die unserer Staatsverfassung 
eine ganz andere Wendung geben, indem sie das Großherzogthum aus 
einem ganz souveränen Staat in nur einen Theil eines souveränen Staates 
umwandeln, wir keine Anerkenntniß dahin aussprechen wollen, daß die 
Staatsverwaltung in den bisherigen Normen fortgeführt werden kann. 
Ich glaube, daß der Apparat eines souveränen und großen Staates, wie 
er bis jetzt bestanden hat, nothwendig schwinden muß und erkläre hiermit 
ausdrücklich, daß ich mit meiner Zustimmung zu einer so großen Ver- 
fassungsveränderung, wie die hier von uns verlangte, an die fixen Etats, 
wie sie bis jetzt bestanden, nicht mehr gebunden sein kann und will. 
Meine Herren, wenn wir heute annehmen, daß wir einen allgemeinen 
obersten Gerichtshof, ein gemeinsames Ministerium der auswärtigen Ange- 
legenheiten und ein gemeinsames Kriegsministerium haben, wenn Sie 
alles dies beschließen, dann können Sie unmöglich zu gleicher Zeit wollen, 
daß das, was auch noch in Hessen in dieser Beziehung besteht, diese fixen 
(tats für uns künftig rechtsverbindlich seien. Ich weiß es, daß 
es schon zu Anfang der ittzigen degislaturperiode von dieser 
Kammer unternommen wurde, bier eine Aeuderung herbeizuführen, 
die ebensosehr im Interesse der Verwaltung wie im Interesse der 
steuerzahlenden Bevölkerung liegt. Ich weiß es, es mangelte nicht an 
Ihrem guten Willen, daß es zu keinem Ergebniß in dieser Beziehung
	        
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