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welches der Baierische Minister der auswärtigen Angelegenheiten") vor den
Baierischen Ständen entwickelte, damals aufsgenommen worden war, und
we#lche Anerkennung dasselbe jenem Minister von Seiten der Fortschritts-
ranei, namentlich auch im Schooße dieser Versammlung, eingetragen hat.
um so größer war die Ueberraschung, als ganz kurze Zeit nachher eine Ueberein-
kunft zu Tage trat, welche zwischen Baiern und Würtemberg über ihre na-
tionalen Beziehungen zum Norddeutschen Bunde abgeschlossen worden war
id wozu von beiden Staaten der Beitritt Badens und Hesseus erstrebt
wurde, eine Uebereinkunft, die weit davon entfernt war, diejenigen Erwar-
tungen zu befriedigen, welche man nach dem vorerwähnten Programme des
Baierischen Ministerv der auswärtigen Angelegenheiten hegen mußte. Dieses
Prejekt einer Verständigung über die nationale Verbindung der Süddeutschen
Staaten mit dem Norddcutschen Bund trug das Gepräge eines mit dem Norddeut-
schen Bunde von den süddeutschen Staaten abzuschließenden Staatenbundes auf
derselben völkerrechtlichen Grundlage, wie diejenige des alten Bundestages war,
md es kann der Geist dieser projectirten nationalen Einigung in dem Satze
charakterisirt werden: Es war von einem Organismus zu gemeinsamer Gesetz-
gebung, von einem Gesammtparlamente abgesehen, jeder Schritt zur Einigung
ütcr geistige und materielle Interessen setzte einen neuen Vertrag zwischen dem
Norddeutschen Bunde und den ein zelnen süddeutschen Staaten, die in dieses
Verhältniß treten wollten, voraus. Wie gesagt, diese Uebereinkunft war da-
mals auch der Hessischen Regierung mit der Einladung zum Beitritt mit-
hetheilt worden. Aber kurze Zeit, nachdem dieses geschehen war und ehe
voch die Hessische Regierung über eine Rückäußerung schlüssig geworden war,
nat ein neues Ereigniß ein, welches das Project begrub. Die Herren Mi-
nister der süddeutschen Staaten wurden nach Berlin eingeladen, um dort die
Grundbedingungen für den Abschluß eines neuen Zollvereins von Seiten
Preußens entgegenzunehmen. Jene Baierisch-Würtembergische Vereinbarung,
Efficiell „Ministerial-Erklärung“ genannt, von der ich gesprochen, war viel-
leicht in der Voraussetzung erfolgt, daß die Preußische Regierung damals durch
den Luxemburg’'schen Conflict sich in Verlegenheit befinde, daß Preußen nach
Alianzen suche. Unter solchen Umständen, bei solcher unterstellter Verlegen-
beit Prcußens, glaubten vielleicht Baiern und Würtemberg wohlfeilen Kaufs
iter die Stipulation des Prager Friedens, welche eine natioenale Verbindung
rrischen dem Norddeutschen Bunde und den süddeutschen Staaten in Aussicht
stelt, hinwmegkommen und, gegen Zusage ihres Bündnisses für den even-
mellen Kriegsfall, Preußen zu der Concession bezüglich der Grundlage jener
Uebereinkunft bestimmen zu kömen. Auch scheint Preußen dazu einige Hoff-
mng eröffnet zu haben. Es ergab sich aus den Vorverhandlungen mit ihm
die bekannte und vielbesprechene Mission des Grafen Tauffkirchen, der, mit
den Grundzügen zu jener Baierisch-Würtembergischen Uebereinkunft in dem
!) Fürst Hohenlohce.
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