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unter den vorliegenden Umständen bleiben wir mit dem besseren Gewissen
außer dem Bunde, wenn man uns wirklich vor die Alternative gestellt hat
und stellen will, daß wir keine andere Wahl haben, als sie anzunehmen
eder draußen zu bleiben. Ich habe Sie mit meinem gedruckten Referate
gewiß nicht in Ueberfluß behelligt, aber das bitte ich mir zu erlauben, daß
ich Ihnen in der Richtung, die für mich so schwerwiegend ist, nur eine
einzige Stelle vorlese: „Nachdem der Art. IV des Prager Friedens von
preußen nunmehr thatsächlich aufgehoben und förmlich gekündet ist, er-
scheint auch die Ausschließung Oesterreichs aus Deutschland thatsächlich
al widerrufen. Somit hat Baiern freie Hand, freundschaftliche Beziehungen
sewohl zu Preußen als zu Oesterreich zu pflegen, und zwar von sich aus
und unmittelbar, ohne Prokurator. Dies allein entspricht auch seiner Ge-
schichte und seiner natürlichen Lage mit einer über 135 Stunden sich er-
fneckenden Grenze gegen Oesterreich. Um aber offen zu sprechen, könnte
man denn, ohne von einem voreingenommenen Parteistandpunkte auszu-
zeben, in Wahrheit sagen, daß das Deutschland kein Deutschland wäre,
wenn innerhalb der Deutschen Nation, die dereinst so lebhaft ventilirte
Trisidee in der angedeuteten Weise ins Leben träte: Ein Deutscher Kaiser
mit einer Suite mediatisirter Fürsten, ein wirklicher König in Deutschland
und der Erzherzog der Deutschen Ostmark?" Sehen Sie, meine Herren,
dis zu diesem Grade, glaube ich, ist das Großdeutschthum auch heute noch
möglich. Aber, meine Herren, — ich eile nun zum Schlusse. Sie finden
in meinem Referate den Satz, daß nach meiner Meinung alle Parteien
kmin innerlich einig seien, daß die Annahme der vorliegenden Verträge
un in einen Zwitterzustand hineinbringen würde, der von allen Zu-
stinden der für uns unerträglichste wäre. Und, meine Herren, was das
Minoritätsgutachten betrifft, was also die linke Seite des Hauses betrifft,
se bedarf dieser mein Satz keines Beweises. Das Minoritätsgutachten
nimmt die Vermäge als ausgiebige Abschlagszahlung an. Das Minoritäts-
zutachten macht uns den Verwurf, wir hätten durch unsere Unpolitik es
kabin gebracht, daß Baiern ausgiebigere Konditionen nicht hat bestellen
kennen. Das Minoritätsgutachten macht uns auch den Vorwurf, wenn wir
nicht insbesondere dem Herrn Fürsten von Hohenlohe sein Portefeuille
entleidet hätten, dann hätte Baiern viel bessere Konzessionen bei den Ver-
dandlungen, vor dem Krieze natürlich, erlangen können. Nun, meine
Herren, muß es doch auf den ersten Blick auffallen, daß es etwas seltsam
it, wenn in demselben Athem das Minoritätsgutachten sich in eine ziemlich
eingehende Kritik der uns durch die Verträge gewährten und noch belassenen
Kenzessienen einläßt, und wenn es, indem es die Verträge mit der einen
Hand annimmt, mit der andern — wenn ich so sagen darf — allen diesen
Ausnahmen. Konzessionen. Sonder= und Ehrenrechten Baierns den Krieg
erklirt — ich möchte fast sagen, natürlich auf parlamentarischem Boden, den
Kieg bis auf's Messer. Eben darnm, meine Herren, macht es auf mich