Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

M. Barth. 617 
ich wabrlich der Staatsregierung keinen Vorwurf machen wollen, daß sie 
nicht noch mehr Senderrechte für Baiern herausgeschlagen hat. Der Herr 
Referent der Majorität hat uns ferner vorgeworfen, wir betrachteten die 
Bundesrerfassung, wie sie gegenwärtig vorliegt, nur als eine Abschlags- 
zalung und hätten uns dahin ausgesxrochen, als sei es Aufgabe der liberalen 
WMajerität des Reichstages, die baierischen Sonderrechte sobald als möglich 
zus dieser Verfassung wieder hinauszubringen. Auch das ist ein Mißrer- 
stindniß, meine Herren! Der Reichstag kann die Sonderrechte nicht aus der 
Verfassung hinausbringen, denn in Bezug auf die Sonderrechte hat Baiern 
ein absolutes Veto. Wenn wir von der Thatigkeit der liberalen Majorität 
des Reichstages zur Erlangung von Verbesserungen gesprochen haben, haben 
wir dabei wieder nur die Abänderungen der Bundesverfassung selbst gemeint, 
die wir bezielen, und hier sind es vorzüglich zwei, dieselben von welchen schon 
eben die Rede war, nämlich die Einführung eines verantwortlichen Bundes- 
ministeriums und die Abändermg des Art. 62, der ja auch dem Herrn Re- 
ferenten der Ausschußmasorität so viel Bedenken verursacht hat. Ich will 
damit nicht sagen, meine Herren, daß nicht auch eine Thätigkeit gegen eines 
eder das andere der Baiern bewilligten Sonderrechte in Zukunft von der 
Partei entwickelt werden könnte. O jal Das kann schon vorkommen, aber 
nicht, weil es baierische Sonderrechte sind, sondern weil es solche Sonder- 
nchte sind, von denen wir überzeugt sind, daß sie Baiern nicht nützen son- 
den schaden. Eine Thätigkeit zur Beseitigung dieser Sonderrechte wird und 
kann sich aber nicht entwickeln im Deutschen Reichstage, sondern nur im 
baierischen Landtage. Wir werden hier das Mißliche dieser Privilegien dar- 
stellen, wir werden suchen, hier die Majorität für das freiwillige Aufgeben 
derselben zu gewinnen, wir werden suchen, eine Uebereinstimmung der 
dri Gesetzgebungsfaktoren zu einem solchen freiwilligen Aufgeben herbeizu- 
führen, aber, meine Herren, Sie werden es immer in der Hand haben, ob Sie 
auf unsere Bestrebungen eingehen wollen; denn wenn nicht Krone und Landtag 
in Baiern zusammenwirken, um solche Sonderrechte zu beseitigen, dann werden 
sie auch nicht beseitigt werden können. Meine Herren! Ich glaube damit 
eine ehrliche Erklärung abgegeben und die Bedenken gehoben zu haben, die 
ron Seite des Herrn Referenten in dieser Beziehung aufgestellt worden 
find. Wir verzichten nicht und können nicht verzichten auf alle Thätigkeit 
zn Verbesserung der Verfassung, aber wir acceptiren die Verfassung als 
Ganzes ehrlich, und wenn wir Einzelnes daran später verbessert wünschen, 
so soll das nur auf legalem Wege geschehen, und soll namentlich Baiern 
nichts ron dem Veto genommen werden, welches es hat, wenn es sich um 
cine seiner Sonderrechte handell. Ich gebe nun über zu dem Nachtrage, 
welchen der Herr Referent der Ausschußmajorität zu seinem ursprünglichen 
Vertrage gemacht hat, und muß Sie bitten, mir zu erlanben, daß ich mich 
dabei etwas länger aufhalte, nachdem die Ausschußminorität keine Gelegen- 
beit gehabt hat, gegen diese Replik noch eine schriftliche Duplik abzugeben.
	        
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