536 Paul Heilborn.
1. Die Staatshandlungen werden vom Konsul wie vom Gesandten in Vertretung des
Absendestaats vorgenommen; er ist ihm und dieser dem Empfangstaat verantwortlich. Indessen
st der Konsul dem Empfangstaat gegenüber nur staatsrechtlich, nicht aber strafrechtlich unverant-
wortlich. Uberschreitet er seine Machtbefugnisse, ohne sich strafbar zu machen, so kann ihm ledig-
lich das Exequatur entzogen werden. Eine strafbare Handlung wird aber nie durch die Berufung
auf amtlichen Auftrag gedeckt.
2. Die Unverletzlichkeit der Archive. Die amtlichen Schriftstücke des Konsuls dürfen von
den Behörden des Empfangstaats nicht eingesehen, durchsucht oder beschlagnahmt werden.
Bei Wahlkonsuln ist jedoch räumliche Trennung des Archivs von den Privatpapieren vor-
ausgesetzt.
3. Befreiungen vom Gerichtszwang sind in den Verträgen vielfach vereinbart, weil die
ungehinderte Ausübung der konsularischen Tätigkeit wichtiger scheint als die Durchführung
gewisser Zwangsmaßregeln. Im einzelnen finden sich mannigfache Unterschiede zwischen
Berufs- und Wahlkonsuln, durchweg zugunsten der ersteren:
a) Befreiung von Untersuchungshaft in Strafsachen, vorausgesetzt, daß den Gegenstand
der Untersuchung nicht ein Verbrechen oder eine Tat bildet, welche nach der Landesgesetzgebung
von den Schwurgerichten abzuurteilen ist;
b) Befreiung von der Personalhaft sie tritt bei Handelsschulden der Wahlkonsuln nie ein;
e) Befreiung von der Pflicht, als Zeuge persönlich vor Gericht zu erscheinen.
4. Die Berufskonsuln sind vielfach von Militäreinquartierung, von Personal-, Mobiliar-
und Luxussteuern befreit, mögen sie vom Staat oder von der Gemeinde auferlegt sein.
5. Rangverhältnisse. Die Konsulatsvorsteher zerfallen in drei Klassen: Generalkonsuln,
Konsuln und Vizekonsuln. Die an einem Platze befindlichen Konsuln rangieren untereinander
wie die Diplomaten: nach Klassen und innerhalb der Klassen nach der Anciennität am Platz.
Der älteste Konsul der obersten Klasse ist Doyen des Konsularkorps.
II. In nichtchristlichen Staaten genießen die Konsuln die diplomatischen
Vorrechte. Außerdem üben sie Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt über Angehörige und Schutz-
genossen des Absendestaats (§ 40). In Japan haben diese Vorrechte mit dem 17. Juli 1899
ihr Ende erreicht.
§ 38. e) Halbdiplomaten, Grenzbeamte, Kuriere und Truppen.
1. Werden Halbdiplomaten (§ 11 IID) zugelassen, so greift auch in Ansehung
ihrer der Grundsatz ne impediatur legatio Platz. Sie werden, wenn auch amtlich, so doch nicht
öffentlich empfangen. Daraus ergibt sich, daß ihnen nur dem Empfangstaat selber, nicht aber
Privatpersonen gegenüber Vorrechte zustehen können. Ihre Stellung ist wenig geklärt. Meist
wird ihnen, und wohl mit Recht, Unverletzlichkeit gegenüber dem Empfangstaat zugeschrieben.
Dadurch ist auch ein Strafverfahren ausgeschlossen. Zulässig sind dagegen Klagen von Privat-
personen gegen die Halbdiplomaten. Für die Amtshandlung ist allein der Absendestaat ver-
antwortlich.
2. Grenzbeamte, d. h. die zur Vermittlung des täglichen Grenzverkehrs berufenen
Zoll= und Polizeibeamten. Aus Anlaß des Falls Schnaebele (vgl. Triepel 311 ff.) hat die deutsche
Regierung anerkannt, daß die geschäftlichen Zusammenkünfte solcher Agenten als unter der
stillschweigenden Zusicherung freien Geleits stehend anzusehen seien. Ihre Anwesenheit auf
fremdem Staatsgebiet darf demnach nicht zur Zustellung von Ladungen, zu Verhaftungen,
Durchsuchungen und Beschlagnahmen benutzt werden. Das freie Geleite setzt aber friedliches
Verhalten voraus; es erlischt, wenn der fremde Beamte eine strafbare Handlung, z. B. Spionage,
begeht, während er im diesseitigen Staatsgebiet verweilt. Kehrt er später noch einmal unter
dem Schutz des freien Geleits zurück, so darf er aus der früheren Handlung nicht in Anspruch
genommen werden.
3. Die Kuriere vermitteln den Verkehr der Gesandten mit dem Absendestaat. In Friedens-
zeiten sind sie in allen durchreisten Ländern unverletzlich, soferm ihnen das Betreten des Gebiets
nicht verboten ist. Ihr Gepäck wird nicht durchsucht.