Full text: Preußisches Staatsrecht.

112 8 5. Preußen als Gliedstaat des Deutschen Reiches. 
Preußens usw. dem Willen der anderen deutschen 
Einzelstaaten (Art. 6 R.V.); mithin folgt aus der den 
Bestand der R.V. unter den Schutz 14 ablehnender 
Bundesratsstimmen stellenden Bestimmung nichts 
für die „Souveränetät“ irgendwelcher Einzelstaaten. 
„Souveränetät“ in dem Sinne, wie sie Preußen mit 
seinen 17 Bundesratsstimmen auszuüben in der Lage 
ist, können sich auch andere Gliedstaaten selbst leicht 
dadurch verschaffen, daß sie vereinbarungsgemäß ihre 
Bundesratsstimmen, sofern sie zusammen mindestens 
14 betragen, in gleichem Sinne abgeben. 
Seit dem Bestehen des Reiches bzw. schon des 
Norddeutschen Bundes ist also Preußen nicht mehr ein 
„souveräner“ Staat. Aber der preußische Staat ist doch 
Subjekt einer originären, eigenständigen Herrschermacht 
geblieben und nicht bloße „Provinz“, bloßer Verwaltungs- 
distrikt des Reiches geworden, da er nach dem Stande 
der Gegenwart seine Befehls- und Zwangsbefugnisse 
nicht schlechthin in Entlehnung vom Reiche ausübt. 
Das Reich hat zurzeit seine Kompetenz - Kompetenz 
nach Art. 73R.V. noch nicht zur vollen staatlichen Auf- 
saugung der deutschen Einzelstaaten ausgenutzt. Die 
preußische Staatsgewalt ist auch, wie die Reichsstaats- 
gewalt, selbst ihrer Natur nach „einheitlich“. Denn 
nur hinsichtlich der Objekte, auf welche sich das staat- 
liche Handeln bezieht, ist eine Teilung zwischen dem 
Reich und den Gliedstaaten eingetreten; eine Teilung 
der Staatsgewalt hat ebensowenig stattgefunden wie 
eine Teilung der Souveränität. 
Der Art. 4 R.V. stellt im allgemeinen die Norm 
dar, hinsichtlich welcher Objekte („Angelegenheiten“, 
„Materien“) das staatliche Handeln zwischen dem Reich 
und seinen Gliedstaaten geteilt sein soll. Doch auch 
hinsichtlich der unter 16 Ziffern aufgeführten „An- 
gelegenheiten“ des Art. 4 hat an sich das Reich für 
sich selbst nur die staatlichen Funktionen der „Be-
	        
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