$ 11. Die Volksvertretung. 223
lich regierten Teilen des Staatsverbandes obwalten
kann, ist zum Zweck des Interessenausgleichs eben
das Volksvertretungskolleg als unmittelbar berechtigtes
Staatsorgan neben den königlichen Träger der Staats-
gewalt gestellt, unter Erteilung der allgemeinen Ver-
fassungsdirektive, bei seinen unmittelbar aus der objek-
tiven Rechtsordnung fließenden Befugnissen vornehm-
lich die Interessen der Gesamtheit der Regierten —
nicht einzelner Klassen derselben — zu wahren. Da
„Volk“ im Art. 83, S. 1 nur auf die Regierten geht,
kommt dem Monarchen das passive Wahlrecht zur
II. Kammer nicht zu. Andererseits ist den Regierten
der unmittelbar persönliche Verkehr mit dem Volks-
vertretungskolleg selbst versagt. „Niemand darf den
Kammern oder einer derselben in Person eine Bitt-
schrift oder Adresse überreichen (Art. 81, S. 2);* nur
auf postalischem Wege oder unter Vermittlung eines
Abgeordneten ist solches statthaft. Eine gewisse Aus-
nahme von dem Verkehrsverbot besteht nur für die
parlamentarischen Untersuchungskommissionen (Art.82).
Einer Erörterung hinsichtlich der Funktionen der
Kammern bedürfen in diesem Zusammenhange schließ-
lich nur noch einige Artikel des Tit. VIII „Von den
Finanzen“.
a) Zu Art. 99. Nach Gesetz vom 29. Juni 1876 be-
ginnt das Etatsjahr mit dem 1. April und endet am
3l. März. Es ist unstatthaft, für mehrere Jahre im
voraus den Staatshaushaltsetat „durch Gesetz“ fest-
zustellen. Es kann vielmehr immer nur alljährlich ein
Etatsgesetz mit Bezug auf das gerade bevorstehende
Etatsjahr ergehen. Mit dem Ablauf des Jahres, für
welches es gegeben, verliert das Etatsgesetz seine
Wirksamkeit.
b) Zu Art. 100: „Steuern und Abgaben für die Staats-
kasse dürfen nur, soweit sie in den Staatshaushaltsetat
aufgenommen oder durch besondere Gesetze angeordnet