Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Erster Teil: Die deutsche Geschichte bis zum westfälischen Frieden. (1)

98 Der böhmisch-pfälzische Krieg 1618—1624. 
Bürgerkriege, der mehr aus religiösen als aus politischen Gründen 
entstanden war, wurde im weitern Verlaufe ein allgemeiner euro- 
päischer Krieg, den die deutschen Nachbarn zu politischen Zwecken 
und zur Bereicherung ausnutzten. 
I. Der böhmisch-pfälzische Krieg 1618—1624. [Der böhmische 
Krieg. Schlacht am weißen Berge 1620.] Ferdinand II. befand 
sich anfangs in einer äußerst bedrängten Lage. Nicht nur, daß die 
Böhmen unter dem Grafen Matthias von Thurn bis vor die 
Mauern Wiens rückten: auch die österreichischen Stände drohten 
ihm mit Absetzung, wenn er nicht ihren religiösen und ständischen Bund 
mit den Böhmen und Mähren guthieße. Ferdinand zeigte aber Mut 
und Unerschrockenheit. Durch eine Reiterschar seines Generals Dam- 
pierre befreit, ging er nach Frankfurt a. M. und holte sich die Kaiser= 
würde trotz des Widerspruchs der Böhmen, die gleichzeitig den Kurfürsten 
Friedrich V. von der Pfalz zu ihrem Könige wählten. Aber zu 
ihrem Unglücke „zog die Pfalz nach Böhmen“. Denn der junge und 
politisch unerfahrene Fürst fand weder bei seinem Schwiegervater 
Jakob I. von England, noch bei den Niederlanden oder bei der 
Union die erwartete Unterstützung. Unter seinen Ratgebern herrschte 
nicht einmal Einigkeit. Dagegen schloß Ferdinand mit dem lutheri- 
schen Kurfürsten von Kursachsen, der wegen der Thronanmaßung 
Friedrichs V. empört war, und mit der Liga ein Bündnis und errang 
durch den ligistischen Oberfeldherrn (Jan Serklaes Baron von) Tilly, 
einen Niederländer von Geburt, 1620 den entscheidenden Sieg am 
weißen Berge bei Prag. Friedrich V., wegen seiner kurzen Regierung 
spottweise der „Winterkönig“ genannt, floh durch Schlesien und 
Brandenburg nach den Niederlanden. Die schon zum Gespött gewordene 
Union löste sich alsbald auf, Böhmen aber wurde mit blutiger 
Strenge katholisiert und in ein habsburgisches Erbland ver- 
wandelt. 
[Der pfälzische Krieg.] Der Graf Ernst von Mansfeld, 
der schon in Böhmen für Friedrich V. gekämpft hatte, suchte nun 
wenigstens dessen pfälzische Länder zu retten. Aus der Oberpfalz 
durch Maximilian von Bayern vertrieben, warf er sich in die Rhein- 
pfalz, in die die Spanier unter General Spinöla und die Ligisten 
unter Tilly eingebrochen waren. Er selbst siegte zwar 1622 bei 
Wiesloch, seine Bundesgenossen aber, der Markgraf von Baden 
und Prinz Christian von Braunschweig, wurden noch in dem-
	        
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