Karl I. der Große 768—814. 25
Ravenna abzutreten. Damit war der Grund zu dem sogen. Kirchen-
staate gelegt, über den Pippin unter dem Titel eines Patrizius
die Schutzherrschaft übernahm.
[Nachfolge.] Pippin bestimmte, daß nach seinem Tode seine
Söhne Karl und Karlmann gemeinsam regieren sollten, doch so, daß
ersterer die nördliche, letzterer die südliche Hälfte des Reiches erhielt.
Karlmann starb aber schon 771, und Karl trat ohne Rücksicht auf
dessen Witwe und Söhne die Alleinherrschaft an.
Karl I. der Große 768—814. (Einleitung.] Karl war nicht
bloß der bedeutendste Herrscher des karolingischen Geschlechts, sondern
des ganzen Mittelalters überhaupt. Von den Westfranken (Franzosen)
wurde er in späteren Sagen hauptsächlich als ritterlicher Heerführer
und Held, von den Ostfranken (Deutschen) mehr als Gesetzgeber und
Richter gepriesen. Er war aber auch ein Schirmherr der Kirche und
der mit dieser verbundenen Kultur.
[Karls Kriege.] Karl hatte während seiner 46 jährigen Re-
gierung, die er mit etwa 26 Jahren übernahm, zahlreiche Kriege zu
führen, und zwar beschäftigten ihn am längsten:
1. die Sachsenkriege 772—803. Die Sachsen zerfielen in
vier miteinander nur lose verbundene Stämme: Westfalen, Engern,
Ostfalen und Nordalbinger (s. die Karte II). Da sie noch in der
altgermanischen Verfassung und im Heidentum lebten, bildeten sie zu
den monarchisch regierten und christlichen Franken einen schroffen
Gegensatz, der sich in fortwährenden Grenzstreitigkeiten kundgab. Um
diesen für immer ein Ende zu machen, entschloß sich Karl zu einem
Kriege, der im allgemeinen folgenden Verlauf nahm: Die Sachsen
wurden zwar in mehreren Feldzügen besiegt, erhoben sich aber immer
wieder mit furchtbarer Leidenschaft, zumal wenn sie den Frankenkönig
anderweitig (in Italien und Spanien) beschäftigt wußten. Ihr
zäher Widerstand, der im Anfange namentlich durch den kühnen Herzog
Widukind geleitet wurde, erlahmte aber schließlich an Karls Macht
und Klugheit; denn er sicherte die unterworfenen Landschaften sofort
durch Befestigungen (Zwingburgen), versah sie mit den staatlichen
und kirchlichen Einrichtungen des fränkischen Reiches, schickte fränkische
Kolonisten in sächsische Gaue und ließ ganze Scharen wehrhafter
Sachsen mit ihren Familien nach Neustrien auswandern.
Im besondern sind folgende Ereignisse erwähnenswert: 772
eroberte Karl die Exesburg an der Diemel und zerstörte die Ir-
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