Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Erster Teil: Die deutsche Geschichte bis zum westfälischen Frieden. (1)

Rückblick. 65 
II. Die Kirche. Die Macht der Kirche, an deren Spitze seit 
Gregor VII. eine große Zahl höchst bedeutender Päpste stand, war 
in dieser Zeit überaus gestiegen. Allerorten erhoben sich Kirchen und 
Klöster, von denen nicht bloß gelehrte Bildung und Jugendunterricht, 
sondern auch Ackerbau und Gewerbe gehegt und gepflegt wurden. Da 
aber die Geistlichkeit durch die zahlreichen Schenkungen, die ihr gemacht 
wurden, vielfach in Wohlleben und Genußsucht verfiel, so bildeten sich 
zur Abwehr solcher Übelstände viele neue Orden, deren Zucht strenger 
war als die bis dahin angewandte Benediktiner-Regel, namentlich: 
1. der Karthäuserorden, durch Bruno von Köln (1084) in Char— 
treuse bei Grenoble gestiftet; 2. der Zisterzienserorden (so genannt 
nach dem Kloster Citeaux bei Dijon), durch Bernhard von Clairvaux 
zu Ansehen gebracht; 3. der Predigerorden der Dominikaner, so ge- 
nannt nach dem Spanier Domingo de Guzman (1216), und 4. die 
Franziskaner, so genannt nach dem Italiener Franz von Assisi; 
sie hießen auch Minoriten, da sie sich selbst fratres minores (geringe 
Brüder) nannten. 
III. Die Kultur. Es ist schon erwähnt worden, daß die 
Kreuzzüge das gesamte Kulturleben des Abendlandes verwandelten 
und förderten, daß Handel und Gewerbe, Kunst und WMissenschaften 
erst jetzt einen erheblichen Aufschwung nahmen 1). Neben den Kloster- 
und Stiftsschulen, aber zuweilen auch aus ihnen hervorgehend, ent- 
standen damals die Universitäten 2), so die Rechtsschule zu Bologna 
bolônjal, die medizinische zu Salerno, die theologische zu Paris; 
dann folgten Oxford und Cambridge kämbridsch] in England, 
Salamanka in Spanien. In Deutschland kamen die Universitäten 
erst später auf; dagegen erlebten hier namentlich die Baukunst und 
die Dichtkunsts) eine herrliche Blüte. An Stelle des romanischen 
Stils mit seinen Rundbögen, der z. B. noch bei den Domen von 
Mainz, Speier und Worms in Anwendung kam, trat jetzt der gotische 
mit Spitzbögen und schlanken Säulen; in diesem Stile sind z. B. das 
  
1) „Das bisher allzu geldarme Europa haben die Kreuzzüge erheblich bereichert.“ 
2) Vom latein. universitas (literaria); dieses Wort bezeichnet aber nicht 
„Gesamtheit der Wissenschaften“, sondern eine wissenschaftliche Innung (Vereinigung 
von Lehrenden und Lernenden). 
3) Von Historikern, die noch lateinisch schrieben, seien hier nur erwähnt: 
Otto, Bischof von Freising (Geschichte Friedrichs I. bis 1158), und Wilhelm 
von Tyrus (Geschichte der ersten Kreuzzüge). 
Jaenicke, Deutsche und brandenburg.-preuß. Geschichte. I. 10. Aufl. 5 
50.
	        
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