Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Erster Teil: Die deutsche Geschichte bis zum westfälischen Frieden. (1)

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80 Maximilian I. 1493—1519. 
große Begabung nicht nur für Kunst und Wissenschaften, sondern auch 
für die bessere Ausbildung des neuen, aus den niederen Volksklassen 
hervorgehenden Fußvolkes der Landsknechte, die er mit langen Spießen 
und z. T. mit Schießwaffen ausrüstete. Aber er war weder ein glück- 
licher Feldherr noch ein bedeutender Staatsmann. Obwohl sich alle 
Stände nach Wiederherstellung der innern Ruhe und Ordnung sehnten, 
trat er nur mit Widerstreben den besonders vom Kurfürsten von Mainz, 
Bertholdvon Henneberg, betriebenen Reformen der Reichsverfassung 
bei und suchte sie dann doch wieder zu hintertreiben. 
Zunächst setzte (1495) der Reichstag zu Worms folgende 
Neuerungen fest: 1. den sogenannten gemeinen Pfennig, eine 
Vermögens= und Kopfsteuer, die aber so unregelmäßig einkam, daß 
man sie schon 1500 aufhob und damit auch die geplante Aufbringung 
eines Reichsheeres wieder fallen ließ; 2. den allgemeinen ewigen 
Landfrieden, so genannt im Gegensatze zu früheren Landfriedens- 
gesetzen, die immer nur für eine Anzahl von Jahren und meist nur 
für einzelne Gebiete erlassen waren; 3. das Reichskammergericht 
zur Durchführung des Landfriedens und zur Berufung für alle, 
die sich mit dem Rechtsspruche der fürstlichen Landesgerichte nicht zu- 
frieden gaben ). 
Der Reichstag zu Köln beschloß dann (1512) die Einteilung 
des Reiches in zehn Kreise mit Kreishauptleuten an der Spitze und 
mit der Bestimmung, die Urteile des Reichskammergerichts zur Voll- 
streckung zu bringen. Diese Kreise waren: der österreichische, bayrische, 
schwäbische; fränkische, ober= und niederrheinische; burgundische und 
westfälische; ober= und niedersächsische 7. 
Rückblick. 1. Der Kaiser ist zwar noch das Oberhaupt des 
Reiches, aber von dem guten oder vielmehr oft schlechten Willen der 
Reichsstände fast ganz abhängig. 2. Die Fürsten sind ebenso be- 
schränkt durch ihre Landstände (Prälaten, Herren, Ritter und Städte), 
  
1) Der Sitz des Reichskammergerichts war anfangs in Frankfurt a. M., 
dann in Speier, zuletzt in Wetzlar; es war zusammengesetzt aus dem kaiserlichen 
Kammerrichter und 16 ständischen Beisitzern, teils Ritterbürtigen, teils Doktoren 
des Rechts. 
2) Ausgeschlossen blieben: 1. die Schweiz, die dem Reiche schon ganz ent- 
fremdet war; 2. Böhmen, Mähren, Schlesien und die Lausitz, Länder, die 
damals einen eigenen Staat bildeten (s. § 58); 3. Preußen, das teils polnisch 
war, teils unter polnischer Lehnshoheit stand (s. 8 58).
	        
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