Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Zweiter Teil: Preußisch-deutsche Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen. (2)

28 Johann Sigismund. 
mund dahin, die Erbländer bis auf weiteres gemeinsam zu ver— 
walten. Als nun trotzdem der Erzherzog Leopold von Öster- 
reich die Festung Jülich in seine Hände brachte und in 
Spanien und bei der Liga um Hilfe warb, taten sich auf der 
andern Seite König Heinrich IV. von Frankreich, die 
Niederlande und die Union zusammen, um den „possidieren- 
den“ Fürsten gegen das Haus Habsburg Unterstützung zu gewähren. 
Johann Sigismund selbst trat der Union bei, und ein Krieg, der 
furchtbar zu werden schien, nahm seinen Anfang. Aber schon 1610 
#anderte sich die Sachlage. Denn Heinrich IV. von Frank- 
reich wurde ermordet, und Friedrich IV. von der Pfalz, 
das Haupt der Union, starb nicht lange nachher; die Parteien zogen 
sich daher vom Kampfe zurück und ließen Brandenburg und 
Neuburg im Besitz des Landes. Die Festung Jülich war schon 
vorher von den Unierten zurückerobert worden. 
Als aber zwischen den „possidierenden“ Fürsten selbst Reibungen 
entstanden, sah sich der junge Pfalzgraf nach Bundesgenossen 
um. Er trat zur katholischen Kirche über und vermählte sich 
mit einer Schwester Maximilians von Bayern, um die 
Liga und womöglich auch Spanien für sich zu gewinnen. In 
derselben Zeit verließ auch der Kurfürst seinen lutherischen Glauben 
und nahm den kalvinischen an, ohne jedoch einen seiner Untertanen 
zur Nachfolge zu zwingen 1). Trotzdem rief dieses Ereignis in der 
Mark die größte Empörung hervor, aber es hatte doch die gute 
Folge, daß auf dem hohenzollerschen Throne ein für allemal der 
Gedanke religiöser Duldsamkeit gegen andere Bekenntnisse zur 
Geltung kam 2). Zugleich erwarb Johann Sigismund durch seinen 
Übertritt die Gunst der reformierten Niederländer, die ihn 
auch in dem wiederausbrechenden Kampfe unterstützten. Wieder 
aber wurde ein allgemeiner Krieg vermieden. Zu Kanten kam 
nämlich 1614 ein Vergleich zustande, in dem man sich für folgende 
Teilung entschied: Brandenburg erhielt Kleve, Mark und 
Ravensberg: Neuburg dagegen Jülich und Berg. Noch 
  
1) Dies hätte er ja nach den Bestimmungen des Augsburger Religions-= 
friedens (1555) tun können. 
2) Des Kurfürsten Übertritt war keineswegs aus politischer Berechnung 
erfolgt, sondern das Luthertum war damals zu solcher Unduldsamkeit erstarrt, 
daß viele tiefere Geister davon abgestoßen wurden.
	        
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