Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Zweiter Teil: Preußisch-deutsche Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen. (2)

Friedrich III. 53 
Dessau einen glänzenden Sieg bei Turin davontrug. Eugen und 
Marlborough schlugen dann wiederum vereinigt 1708 die Franzosen 
bei Oudenarde l(an der Schelde) aufs Haupt, so daß die starke 
Festung Lille in ihre Hände fiel und Ludwig XIV., aufs 
tiefste gedemütigt, unter allen Bedingungen zum Frieden bereit 
war. Als jedoch die Verbündeten die unerhörte Forderung stellten, 
er solle die Vertreibung seines eigenen Enkels Philipp aus 
Spanien unterstützen, rüstete er nochmals zum Kampfe. Aber es 
war umsonst: die mörderische und doch unentschiedene Schlacht bei 
Malplaquet 1709, in der der Kronprinz von Preußen 
mitfocht, brachte Frankreich nur neue große Verluste und machte 
es zur Fortführung des Krieges vollends unfähig. Schon gab 
Ludwig XIV. seinem Enkel den Rat, freiwillig auf den spanischen 
Thron zu verzichten, als unerwartete Ereignisse eintraten, die einen 
Umschwung der damaligen Lage herbeiführten. 
[Der Krieg in Spanien und Umschwung: Ab- 
setzung Marlboroughs. Karl VI. 1711—1740.] Zu- 
nächst erfolgte in Spanien eine Wendung zum Vorteile der 
bourbonischen Waffen. Denn obwohl Karl (VI.), von seinen An- 
hängern unterstützt, von Barcelona aus zweimal seinen Gegner aus 
Madrid verjagt hatte, so befestigten dann doch mehrere französische 
Siege Philipps V. Thron. Es kam hinzu, daß England 
seine Politik plötzlich änderte. Königin Anna, die sich durch das 
hochfahrende Wesen der Gemahlin Marlboroughs beleidigt 
fühlte, enthob nämlich den Herzog des Oberbefehls und bewirkte 
dadurch, daß die Tories 1) zur Regierung gelangten und eine fried- 
liche Richtung einleiteten. Endlich trat in Osterreich insofern 
ein bedeutungsvoller Thronwechsel ein, als Joseph I., der ohne 
männliche Nachkommen starb, seinen Bruder Karl VI. (1711 bis 
1740), denselben, der ja die ungeteilte spanische Erbschaft be- 
anspruchte, zum Nachfolger erhielt. Dieser drohte aber durch eine 
etwaige Vereinigung so großer Ländermassen den europäischen 
Mächten doch zu gefährlich zu werden. Anna leitete daher ohne 
den Kaiser 1713 den Frieden von Utrecht fühtrecht] ein. 
  
1) Die noch heute bestehenden Parteinamen in England, Whigs und 
Tories, kamen während der Regierung König Karls II. (1660—1685) auf. 
Die Whigs verteidigten „die unveräußerliche Autorität des Volkes“, während 
sich die Tories als „Vertreter der Autorität (des Königs) von Gottes Gnaden, 
der Obrigkeit von Rechts wegen“ hinstellten.
	        
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