Friedrich Wilhelm I. 59
Ausflüsse der wichtigsten Ströme, der Weser, Elbe, Oder, Düna-
und Newa. Diese hohe Machtstellung erweckte den Neid der Nach-
barstaaten, und als in Schweden der noch jugendliche König
Karl XII. zur Regierung gelangte, glaubten Peter der Große
von Rußland (1689—1725), August II. der Starke von
(Sachsen und) Polen und Friedrich IV. von Dänemark die Zeit
gekommen, die schwedischen Besitzungen des Festlandes zu überfallen
und die einst an Schweden verlorenen Gebiete wiederzugewinnen.
So traten sie zu einem Bunde zusammen und begannen ohne
Kriegserklärung den Nordischen Raubkrieg.
[Karl XII. in Dänemark: Friede von Travendal
1700 undin Rußland: Narwa 1700.] Aber die Verbündeten
hatten sich in Karl XII. getäuscht. Denn dieser, hartköpfig und
einfach, zeigte trotz seiner Jugend überlegene Tatkraft und Kriegs-
tüchtigkeit. Er landete ohne Zaudern vor Kopenhagen und zwang
den überraschten König, der das Gebiet des Herzogs von Holstein-
Gottorp angegriffen hatte, 1700 zu dem Frieden von Traven-
dal ktrafendahl!] nordwestlich von Lübeck, worin Friedrich IV. dem
Bunde mit Polen und Rußland entsagen mußte. Ebenso schnell
rückte Karl XII. gegen die Russen, die in Esthland eingefallen
waren, und schlug sie in demselben Jahre trotz ihres fast fünffach
überlegenen Heeres entscheidend vor Narwa in Ingermanland.
[Karl XII. in Polen und Sachsen: Fraustadt
1706. Alt-Ranstädt 1706.] Er hielt dann einen Siegeszug
durch ganz Polen, entsetzte 1704 August II. des Thrones und
erhob den polnischen Edelmann Stanislaus Leßczinski
lleschtschinskil, den Wojewoden (Statthalter) von Posen, zum
Könige. Er drang hierauf, unbekümmert um den Einspruch des
Kaisers, durch österreichisches Gebiet (Schlesien) in Sachsen ein
und schloß erst hier, wo er seinen Feind völlig gedemütigt hatte,
den Frieden von Alt-Ranstädt (bei Leipzig), in dem
August II. auf die Krone von Polen verzichten mußte 1).
[Karl XII. gegen Rußland: Pöltawa 1709.] In-
zwischen hatte Peter der Große, gegen den nur ein kleines
1) Kaiser Joseph I. mußte damals auf des Königs Wunsch den
schlesischen Protestanten bedeutende Zugeständnisse machen. Sie er-
hielten 120 Kirchen, die sie früher besessen hatten, und die Genehmigung zum
Bau von 6 neuen, sogenannten Gnadenkirchen in Sagan, Freistadt,
Hirschberg, Landeshut, Militsch und Teschen.