Friedrich Wilhelm J. 61
[Der Krieg im Norden: Preußen tritt dem
Bundebei. Karls Tod 1718.] Die Abwesenheit Karls hatten
die drei Mächte Sachsen, Rußland und Dänemark sofort benutzt, den
alten Bund zu erneuern: August II. zog nach der Vertreibung
Leßczinskis wieder in Warschau ein; Peter eroberte die Ostsee-
provinzen vollends, und selbst die Dänen, anfangs in Mecklen-
burg geschlagen, zwangen später in Schleswig ein schwedisches Heer
zur Ergebung. In dieser Zeit (1713) glaubte auch Friedrich
Wilhelm I. von Preußen für die Vergrößerung seines
Landes sorgen zu müssen. Hierbei kam es ihm zustatten, daß ihm.
Russen und Sachsen gegen Zahlung von 1200 000 Mark Belage-
rungskosten die Festung Stettin in vorläufige Verwahrung ge-
geben hatten. Denn als Karl XII. nach seiner Rückkehr aus der
Türkei (1715) jene Stadt ohne alle Entschädigung zurückforderte,
lehnte Friedrich Wilhelm dieses Ansinnen ab und trat dem Bunde
der drei Monarchen offen bei. Ebenso schloß sich ihnen, in der
Hoffnung, Bremen und Verden zu gewinnen, der Kurfürst von
Hannover (als König von England Georg I.1) an. Die Ver-
bündeten verdrängten nunmehr (1715) die Schweden aus allen
deutschen Besitzungen und zwangen Karl XII. zur Flucht. Im
Begriff, das dänische Norwegen in seine Gewalt zu bringen, fand
der starrsinnige König 1718 vor Frederikshald durch eine feindliche
Kugel den Tod.
[Friedensschlüsse: zu Stockholm 1720, zu Nystad
1721.] Karls XII. jüngere Schwester und Nachfolgerin (Ulrike
Eleonore) beeilte sich, mit den Feinden Frieden zu machen, zuerst in
Stockholm mit Hannover, dem Bremen und Verden überlassen
wurde, und 1720 mit Preußen, das gegen Zahlung von 6 Mill.
Mark Vorpommern bis zur Peene samt Stettin, Usedom und
Wollin erhielt, ferner mit Dänemark, das in den Besitz von
Schleswig gelangte, endlich (1721) zu Nystad mit Rußland, das
außer Finnland alle schwedischen Ostsee-Provinzen behalten durfte.
Von der Zeit an schied Schweden aus der Reihe der Großmächte,
und Rußland trat an seine Stelle. Preußen erntete aber die
Früchte von Fehrbellin, die einst Ludwig XIV. dem Großen Kur-
fürsten entrissen hatte.
1) Georg I. (1714—1727), Annas Nachfolger, war ein Urenkel Jakobs I.
von England.