Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Zweiter Teil: Preußisch-deutsche Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen. (2)

§ 33aà. 
62 Friedrich Wilhelm J. 
Die bergische Angelegenheit und die Pragmatische Sanktion. 
Noch eine dritte Gelegenheit zu Ländererwerb schien sich dem 
Könige Friedrich Wilhelm I. darzubieten. Die Linie Pfalz- 
Neuburg stand nämlich vor ihrem Erlöschen, so daß Jülich und 
Berg frei werden mußten, und Kaiser Karl VI. versprach dem 
Könige im Falle des Aussterbens wenigstens den Besitz des Herzog- 
tums Berg. Dagegen verbürgte sich dieser für das Zustande- 
kommen der Pragmatischen Sanktiont), d. h. dafür, daß 
nach Karls VI. Tode in erster Reihe seine Tochter Maria 
Theresia Erbin aller österreichischen Länder würde, da männliche 
Nachkommen des Hauses Habsburg nicht mehr vorhanden waren. 
Wie standhaft aber auch Friedrich Wilhelm für die Sache des Kaisers 
eintrat, so wurde er doch von diesem hintergangen. Denn Karl VI. 
hielt sein Versprechen nicht. Berg gelangte vielmehr ebenso wie 
Jülich (1742) an Pfalz-Sulzbach (in der Oberpfalz). 
b) Umgestaltung des Staats= und Heerwesens. 
Auftreten gegen die Stände. [Adel und Städte.] König 
Friedrich Wilhelm I. regierte noch selbstherrlicher als seine beiden 
Vorgänger, und hatte der Große Kurfürst den Adel seines Landes 
noch geschont und vielfach bevorzugt, so wurde dies jetzt z. T. auch 
anders. So erwiderte der König auf die Beschwerde einiger 
„Herren Junkers“ von den preußischen Ständen, daß ihre 
Rechte beeinträchtigt würden, folgendes: „Ich stabiliere die 
Souveraineté und setze die Krone fest wie einen rocher von bronze 
und lasse den Herren Junkers den Wind von Landtag.“ Ein ander- 
mal beschwerte sich der magdeburgische Adel darüber, daß der 
König von den Lehnsinhabern im Kriege statt eines Lehnspferdes 
eine feste jährliche Abgabe von 120 Mark verlangte. Der König 
achtete aber der Klagen nicht, sondern schuf aus dem Ertrage dieser 
Abgabe zwei neue Regimenter. In den Städten endlich be- 
seitigte er die Herrschaft der „verdorbenen Patrizier“, die das Eigen- 
tum der Stadt vielfach verschleudert und die Mehrzahl der Bürger 
von allen Rechten ausgeschlossen hatten, und führte dafür eine 
  
1) d. h. kaiserliche Verordnung, ein Ausdruck, der schon von 
den altrömischen Kaisern gebraucht wurde und sich z. B. auch am spanischen 
Hofe fortpflanzte. — Die Sanktion war schon 1713 erlassen worden und wurde 
von Friedrich Wilhelm 1726 zu Wusterhausen und 1728 zu Berlin 
unter der oben angegebenen Bedingung anerkannt.
	        
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