§ 33.
66 Friedrich Wilhelm I.
Preise im Lande. Alles wird teurer. Vom Auslande strömen daher
Waren herein, und diese müssen ans Ausland bezahlt werden.
Jenes reiche Volk kann dadurch rasch verarmen. Der Merkantilis-
mus irrte auch in bezug auf die Bedeutung der Handelsbilanz.
Nicht auf diese kommt es an, sondern auf die Zahlungsbilanz.
Wenn z. B. ein einheimisches Schiff für 100 O0O0 Mark Baumwoll=
stoffe ausführt und für diese Summe Rohprodukte im Werte von
300 000 Mark zurückbringt, so ist allerdings die Handelsbilanz
passiv, d. h. in diesem Falle: die Ausfuhr ist dreimal kleiner als die
Einfuhr; aber die Zahlungsbilanz ist aktiv, d. h. in diesem Falle:
das Ausland hat dreimal so viel, als dorthin an Werten ausgeführt
worden ist, an das Inland gezahlt. Gerade die reichsten Länder,
England, Deutschland, Frankreich, Belgien, hatten bisher passive
Handelsbilanzen; da sie aber z. B. an das Ausland viele Milliarden
Kapitalien liehen und daher von dort viele Millionen Zinsen be-
ziehen, so haben sie aktive Zahlungsbilanzen. Umgekehrt können
arme Länder aktive Handelsbilanzen aufweisen, da sie z. B. Schulden
im Auslande haben und deren Zinsen teilweise in Waren abzahlen.
Wohlfahrtspflege Friedrich Wilhelms. [Landwirtschaft.
Erbuntertänigkeit.] Friedrich Wilhelm I. verfuhr durch-
aus nach den Grundsätzen des Merkantilsystems, nur daß er, wie
schon der Große Kurfürst, mehr als andere Fürsten auch für die
Verbesserung der Landwirtschaft und die Vermehrung der
Bebölkerung seines Landes Sorge trug. Er gab genaue An-
weisungen für den Ackerbau, die Obstzucht und die Pferdezucht
(Hauptgestüt Trakehnen bei Gumbinnen) und ließ die Havelbrüche
austrocknen. Er siedelte zahlreiche Ausländer, besonders Schweizer,
Pfälzer und Franken, im Lande an und nahm 17 000 Salzburger,
die ihres Glaubens wegen vom Erzbischof vertrieben worden waren,
in dem durch die Pest entvölkerten Ostpreußen auf. Er ver-
wandelte endlich die im Dreißigjährigen Kriege aufgekommene Leib-
eigenschaft in die mildere Form der Erbuntertänigkeit, in
der die Bauern das Recht erhielten, Eigentum zu erwerben und
auf ihre Nachkommen zu vererben, während der Besitz des Leib-
eigenen stets Eigentum des Grundherrn geblieben war.
[Gewerbe und Handel. Sparsamkeit.] Der König
verbot oder erschwerte doch durch hohe Schutzzölle die Einfuhr
aller Waren, die man im Lande selbst herstellen konnte, z. B. Kleider-