Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Zweiter Teil: Preußisch-deutsche Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen. (2)

86 Friedrich II. der Große. 
Seiden- und Samtindustrie wurden Krefeld und Berlin Haupt— 
plätze. Der Staat selbst erwarb in Berlin die erste Porzellanfabrik 
und errichtete die Landschaftskreditbank (ein Werk 
Carmers), die Preußische Bank und die Seehandlung, die 
durch Gewährung von Darlehen zu mäßigem Zinsfuß an Guts- 
besitzer und Kaufleute (für Binnen= und Seehandel) den Geld- 
umlauf erleichtern sollten. 
[Handel.] Der Handel nahm durch den Bau des 
Plauenschen, Finow= und Bromberger Kanals und 
des Hafens von Swinemünde einen hohen Aufschwung, litt 
aber andrerseits teils unter den zahlreichen vom Könige eingeführten 
Monopolen (Alleinhandel für Kaffee, Tabak und andere Ver- 
brauchsgegenstände), teils unter den hohen Einfuhr= und Aus- 
fuhrzöllen, die freilich nach dem herrschenden Merkantilsystem 
allgemein so hoch bemessen waren. Trotzdem nahm der allgemeine 
Wohlstand stetig zu, und da der König selbst überaus sparsam 
lebte 1), so konnte er seinem Nachfolger einen Staatsschatz von 
165 Millionen Mark hinterlassen. 
Rechtspflege, Kirche und Schule, Kunst und Wissenschaften. 
[Rechtspflege; das preußische Landrecht 1794.] Auf 
manchen Gebieten begann, wie schon angedeutet, mit Friedrich II. 
ein ganz neues Zeitalter, zunächst auf dem der Justiz, deren 
eigentlicher Schöpfer für Preußen er genannt werden kann. Denn 
vor ihm war die Rechtspflege parteiisch und schleppend, die Gesetz- 
gebung dem Volke unverständlich und der Richterstand schlecht be- 
soldet, bestechlich und in vielen Fällen rechtsunkundig. Er schaffte 
zunächst die Folter (Tortur) ab, außer bei Hochverratsprozessen, und 
erwarb dann (1746) vom Kaiser die höchste Gerichtsbarkeit, die ihm 
bisher nur für die Kurmark zustand (Teil I, § 54), auch für alle 
anderen Gebiete, so daß er von der heillos verfallenen Reichsjustiz 
ganz unabhängig wurde. Seitdem sorgte er für einen schleunigen 
Rechtsgang, für möglichste Verständlichkeit der Gesetze und für aus- 
kömmlich besoldete Richter, die ohne Ansehen der Person und ohne 
Rücksicht selbst auf die königlichen Befehler)) das Ur- 
1) Er verbrauchte für sich und seinen Hof jährlich nur 660 000 Mark. 
2) Bekannt ist die sagenhafte Erzählung von der Mühle zu Sans- 
souci, die die Gerechtigkeitsliebe des Königs so schön kennzeichnet. Dagegen 
ließ sich Friedrich durch sein Mißtrauen gegen die Redlichkeit der Richter einmal 
 
	        
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