Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Dritter Teil: Preußisch-deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart. (3)

102 Wilhelm II. 
Kriegsrüstungen. [Kriegsbegeisterung.] Doch zurück 
zum Kriegsanfang! Trotz der Unzahl von Feinden, die auf uns 
einstürmten, herrschte bei uns von vornherein die allgemeine Über- 
zeugung, daß der Sieg schließlich unser sein werde. Die Tücke und 
Hinterlist des Dreiverbands lösten zwar eine beispiellose Empörung 
aus, aber sie wurde veredelt durch eine heilige Begeisterung 
und Opferfreudigkeit, die sich in Deutschland und bei seinen 
Verbündeten überall in gleicher Größe kundgaben. Unser Kaiser 
sprach es wiederholt aus, daß er keine Parteien mehr, sondern nur 
Deutsche kenne, und reichte nach Verlesung der Thronrede im Reichs- 
tag (4. S.) allen Parteivorständen die Hand zum Zeichen dessen, daß 
sie fest entschlossen seien, mit ihm durch Not und Tod zu gehen. Er 
erneuerte (5. 8.) den Orden des Eisernen Kreuzes, erließ (6. 8.) 
einen Aufruf an das Deutsche Volk und berief (17. 8.) den Land- 
sturm. Er selbst, seine sechs Söhne und viele deutsche Fürsten und 
Prinzen unterzogen sich freudig den Strapazen der Feldzüge. Zwei 
Millionen Kriegsfreiwilliger aus allen Klassen der Bevölkerung 
strömten ohne Verzug zu den Waffen. Die Volksvertreter, auch die 
sozialdemokratischen, bewilligten einstimmig die vom Reichskanzler 
für den Krieg geforderten Milliarden. Ahnliche Vorgänge spielten 
sich in Osterreich-Ungarn ab. Hier hielten die flawischen 
Stämme, auf deren Abfall Rußland, der vorgebliche Schutzherr aller 
Slawen, gerechnet hatte, einmütig zu ihrem angestammten Herrscher- 
hause, und in Böhmen vergaßen Tschechen und Deutsche sogar ihren 
alten Hader. In der Türkei, die sich in den letzten Jahren durch 
zahlreiche Reformen wesentlich gekräftigt hatte, wurde der Heilige 
Krieg verkündet, der es den Anhängern des Islams auf der ganzen 
Erde zur Pflicht macht, die Waffen gegen ihre Feinde zu ergreifen. 
Auch unsere Gegner, die ja den Weltbrand entzündet hatten, be- 
zeigten den größten Kriegseifer und setzten ihre Hoffnungen nicht bloß 
auf die wohl vorbereiteten Riesenheere Rußlands und Frankreichs, 
sondern auch auf die „silbernen Kugeln“ Englands, das die all- 
gemeine Wehrpflicht nicht kannte, ein Millionenheer, Kleidung und 
Munition erst durch den Kriegsminister Kitchener schaffen mußte. 
[Unsre militärische Mobilmachung.] Die deutschen 
Kriegspläne gingen namentlich auf den schon verstorbenen General- 
stabschef Graf Schlieffen zurück, dessen Nachfolger zuerst Graf 
Molttke, ein Neffe des großen Feldmarschalls, dann (seit Dezbr.
	        
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