Wilhelm II. 105
rückten dort durch Luxemburg in Belgien ein, nahmen unter
General v. Emmich schon am 7. 8. die Festung Lüttich, besetzten
Brüssel und eroberten Namur. Der Kaiser ernannte den
Generalobersten v. d. Goltz zum Generalgouverneur von Belgien
und, als dieser später als Adjutant des Sultans nach Konstantinopel
ging, den General von Bissing zu seinem Nachfolger. Noch blieb
aber die schwerste Arbeit zu leisten: die Eroberung Antwerpens,
wohin sich König Albert mit seinem Hauptheere zurückgezogen hatte.
Es war eine der stärksten Festungen und schien durch einen zwie—
fachen Gürtel von Forts und durch künstliche überschwemmungen ge-
radezu uneinnehmbar. Trotzdem gelang es unseren tapferen Truppen,
darunter Marine-Infanterie und Matrosen, alle Ausfälle der Be-
satzung blutig zurückzuschlagen und die Übergabe der Stadt an
General v. Beseler nach nur zwölftägiger Belagerung (9. 10. 14)
zu erzwingen. Leider entkam der König mit einem großen Teile
des Heeres an die belgische Küste, wo er sich seinen französischen und
englischen Bundesgenossen anschließen konnte. Aber ganz Belgien
bis auf einen kleinen Teil Westflanderns war in deutschen
Händen, und die belgische Regierung siedelte nach Le Havre über.
b) Frankreich und Westflandern. [Die Schlachten in
Lothringen (21. 8.), bei St. Quentin (31. 8.) und
zwischen Reims und Verdun (1. 9. 14). Vorstoß gegen
die Marne. Einnahme von Festungen.] Inzwischen
hatten schon längst 7 deutsche Armeen von Norden und Osten her die
Grenzen Frankreichs überschritten. Der französische Gene-
ralissimus Joffre eilte ihnen mit gewaltigen Streitkräften ent-
gegen und suchte sie durch starke Gegenangriffe aufzuhalten. Das
erstemal in der sogenannten Lothringer Schlacht zwischen
Metz und dem Wasgau (besonders bei Mörchingen), aber am 21. 8.
endete der mehrtägige Kampf mit dem glänzenden Siege des
bayrischen Kronprinzen Rupprecht. Der zweite Vorstoß Joffres und
der Engländer unter Marschall French (frentschl richtete sich gegen
unsere Armeen in Nordfrankreich. Auch hier trugen die Feinde nur
schwere Niederlagen davon: Generaloberst v. Bülow siegte am 31. 8.
bei St. Quentin und Kronprinz Wilhelm unter den Augen
unsers Kaisers am 1. 9. zwischen Reims und Verdun über den
zehn Armeekorps starken Gegner. Generaloberst v. Kluck trieb hier-
auf die Franzosen bis an die Marne zurück und stand bereits