Friedrich Wilhelm II. 25
e) Friedrich Wilhelms II. Regierung im Innern.
Kunst und Wissenschaft. Fehlte dem Könige Friedrich
Wilhelm II. auch der hohe Geistesflug seines großen Oheims und
Vorgängers, so war er doch ritterlichen Mutes und edeln Regungen
durchaus zugänglich. Er hatte Verständnis für die Kunst, besonders
für Musik; wie denn auch seine Kapelle europäischen Ruf genoß
und Mozart und Beethoven sich seiner Gunst erfreuten. Am
meisten machte er sich um die deutsche Sprache, die wieder am
Hofe und in der höhern Gesellschaft Eingang fand, um deutsche
Bildung und Wissenschaft verdient. Im Theater traten Goethe und
Schiller an die Stelle Voltaires. Im Jahre 1787 errichtete er, an-
geregt durch seinen hervorragenden Minister Freiherrn von Zedlitz,
das Oberschulkollegium, das alle höheren und niederen
Schulen zu beaufsichtigen und für die Verbesserung des Unterrichts
Sorge zu tragen hatte 1). So wurde durch die Bemühungen des
Königs den preußischen Schulen namentlich ein tüchtiger Lehrerstand
herangebildet.
Sittlicher Rückgang des Volkes. Bei dem großen Umfange,
den der Staat damals gewonnen hatte, war es dem König nicht mehr
möglich, alle seine Anordnungen bis in das einzelne selbst zu über-
wachen, er mußte seinen Ratgebern und Vertrauensmännern mehr
freie Hand lassen. Unter diesen gab es aber Männer, denen es teils
an redlichem Willen, teils an der richtigen Einsicht mangelte. Für
die inneren Angelegenheiten standen ihm am nächsten General von
Bischofswerder und der Minister von Wöllner, dessen
Religionsedikt von den Predigern und Lehrern schwer emp-
funden wurde 2), für die auswärtigen Angelegenheiten die Grafen
von Haugwitz und Lucchesini luckesinil. Wie am Hofe,
so nahm auch im Volke die Genußsucht überhand. Zucht und Ehr-
barkeit schwanden, ein leichtlebiges, leichtsinniges Geschlecht trat an
die Stelle der heldenmütigen Kämpfer im Siebenjährigen Kriege.
altere fränkische Linie vor ihrem Aussterben stand (siehe die hohenzollersche
Stammtafel).
1) Der König richtete z. B. auch die Abiturientenprüfung ein.
2) obwohl sich der Erlaß mit Recht gegen die zügellose Freiheit und Auf-
klärung, die Verbreitung kirchlicher Neuerungen und Irrtümer aussprach. Der
Sturm des Unwillens kam aber daher, daß dem einzelnen die Gewissensfreiheit
nur gestattet wurde, solange er ruhig als Staatsbürger seine Pflichten erfülle,
seine besondere Meinung jedoch für sich behalte.