Full text: Allgemeine Staatslehre

Vierzehntes Kapitel. Die Eigenschaften der Staatsgewalt.e 475 
mahnen, sie sorgfältig zu vermeiden, und führen dadurch auf 
den richtigen Weg. 
Endlich die Überzeugung, daß Souveränetät keine absolute, 
sondern eine historische Kategorie ist, ein Resultat von höchster 
Bedeutung für Entscheidung der Frage, ob Souveränetät ein 
wesentliches Merkmal des Staates sei. 
Von diesen Ergebnissen sollen die folgenden Erörterungen 
ausgehen. 
a) Der formale Charakter der Souveränetät. 
Die geschichtliche Entwicklung der Souveränetät lehrt, daß 
sie die Negation jeder Unterordnung oder Beschränkung des 
Staates durch eine andere Gewalt bedeutet. Souveräne Staats- 
gewalt ist daher eine Gewalt, die keine höhere über sich kennt; 
sie ist daher zugleich unabhängige und höchste Gewalt. 
Das erste Merkmal zeigt sich überwiegend nach außen, im Ver- 
kehr des souveränen Staates mit anderen Mächten, das zweite 
nach innen, im Vergleich mit den ihm eingeordneten Persönlich- 
keiten. Beide Merkmale sind aber untrennbar miteinander ver- 
einigt!). 
  
ränetät im Sinne von Staatsgewalt als Souveränetät im staatsrechtlichen 
Sinne oder als Souveränetät nach innen erhalten. Diese Anschauung, 
die Rehm übrigens ın der kleinen Staatslehre S.59f. aufgegeben zu 
haben scheint, ist aber entschieden abzulehnen. Wir Deutsche sind in 
der glücklichen Lage, mit dem Terminus ‚„Staatsgewalt‘ einen festen, 
sicheren Begriff zu verbinden, während die Romanen (und Engländer) 
mit dem vieldeutigen und daher unausbleiblich zu Verwirrung führenden 
Wort souverainef&, sovranıta etc. operieren müssen, um die Staatsgewalt 
sicher zu bezeichnen. Das nachzuahmen, liegt aber für uns nicht die 
geringste Veranlassung vor. Um die Verwirrung noch zu steigern, 
spricht Haenel, Staatsrecht I S. 114, noch von der souveränen Funktion 
der Gesetzgebung, Krabbe, Die Lehre der Rechtssouveränetät 1906 
S.5, von der Rechtssouveränetät, so daß wir gar eine vierte Art von 
Souveränetät erhalten. 
2) Wenn daher von völkerrechtlicher und staatsrechtlicher Souve- 
ränetät gesprochen wird, so können damit nur zwei Richtungen der in 
sich einheitlichen souveränen Gewalt bezeichnet werden. Vgl. meine 
Lehre vou den Staatenverbindungen S.22ff. Mit mir übereinstimmend 
Borel Etude sur la souverainete et l’Etat federatif 1856 p.30; Brunialtı 
Unioni e combinazioni fra gli stati 1891 p.XX; Le Fur Etat federal et 
confederations d’Etats 1896 p. 444; v. Stengel in Schmollers Jahrbuch 
1898 S. 769, 778,785. Vgl. ferner Haenel StR.I S.115; G.Meyer 
StR. S. 22.
	        
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