— 101 —
Hause (Mau.). Nach dem Essen, gewöhnlich um 10, kleiden sich die
Frauen um und alle gehen zum Tanz in die Schenke, wo man bis zum
Schluß desselben bleibt. Hierauf gehts zurück ins Hochzeitshaus, wo es
nochmals Kaffee und Kuchen gibt und neben der Unterhaltung aller-
hand Narretei getrieben wird. Auf den Nachhauseweg bekommt jeder
Gast einen bestimmten Teil Kuchen. Am Nachmittag des folgenden Tages
finden sich die Gäste wiederum ein, in der Fabrik beschäftigte Männer
kommen nach Schluß der Arbeitszeit, und man bleibt in der Regel bis
Mitternacht zusammen, wobei etwaige Reste vom ersten Tage aufgegessen
werden (S., Kö., Mau., Br., Ge., H. u. v. a. O.).
Beim Essen sitzt das Paar wie ehedem im „Brautwinkel"“. Ihm
zu beiden Seiten nehmen gewöhnlich die Brautgespielen, seltener die Eltern
des jungen Paares Platz. Die Eltern der jungen Braut sind in der
Regel mit dem Auftragen der Speisen beschäftigt. Weithin üblich ist
das Einsammeln des „Hochzeitspfennigs“, eine Geldspende für das
junge Paar, die in den Brautkranz gelegt wird, der bei Tisch auf einem
Teller herumgereicht wird. Um den „Pfennig“ spricht gewöhnlich der
Pate der jungen Frau oder eine Brautjungfer an (A.). Den Ertrag
hebt sich die junge Frau auf oder bestreitet damit die erste Ausgabe
für den neuen Haushalt. Das außerhalb des Kranzes liegende Geld
„kommt“ an andere Leute (A.). Während des Essens darf niemand auf-
stehen, sonst wird die Ehe unglücklich (Ho., Nd.). Freunde, Bekannte und
Nachbarn schicken Karten, Blumen und Geschenke. Schickt die Hebamme
ein Geschenk, so kommt Adebar sicher im ersten Jahr (A.). Die Uber-
bringer bekommen Kuchen, meist Zimtkuchen, oder Kräpp'l und zwar
nur von der Braut (J.). Wer von den beiden Eheleuten die wenigste
Suppe ist, stirbt zuerst (Schl.) Vom Hochzeitsmahl hebt sich die junge
Frau eine Semmel auf als Heilmittel bei Krämpfen der in Aussicht
stehenden Kinder (Th., Ehr.). Glückbringend ist ein während des Hoch-
zeitsessens um eine milde Gabe ansprechender Bettler (Ra.). Nachts
zwölf Uhr wird der Braut nach althergebrachter Sitte der Kranz ab-
genommen und ihr die Haube, das Zeichen der Ehegattin und angehenden
Mutter, aufgesetzt; sie „kommt unter die Haube“. Irgend ein scherz-
hafter Reim begleitet die feierliche Handlung. Von gleichem Zeitpunkte
ab ziert den Bräutigam die Zipfelmütze. Die jungen Mädchen zerreißen
den Kranz; welches von ihnen die erste Blume erlangt, wird die nächste
Braut (A., Sch.). Oder er wird ausgetanzt. Zu diesem Zwecke werden
bis ungefähr 1800. Im Jahre 1790 klagt sie in einer Eingabe an den Rat: „Es
ist Einem Hochweisen Rate mehr als zu wohl bekannt, daß die hiesige musikalische
Gesellschaft in keiner gewissen Besoldung steht. Da nun aber in jetzigen nahrlosen Zeiten
die Tanzbelustigung sehr selten geschieht und nur noch wenig damit verdient wird,
so ergehet unsere Bitte: Diese unsere zeither geschlossene Gesellschaft und die darüber
ausgefertigte Instruktion von nun an gänzlich aufzuheben und nach Absterben eines
oder des anderen Gesellschafters solche zugleich mit absterben zu lassen, so daß bis
auf den letzten nur ein einziger wirklich angestellter Stadtpfeifer übrig bleibet, dazumal
anjetzo der Zeitpunkt gekommen, daß darin zwei alte erionen vorhanden und die
übrigen dreie auch keine Jünglinge sind.“ Diesem rührenden Gesuche wurde denn
auch entsprochen.