Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Die Geburt. (Vgl. hierzu W. 574). Um eine leichte Geburt 
herbeizuführen, trinkt die Kreisende das Wasser von abgekochten Eier- 
schalen (A.), ißt sie eine eingelegte grüne Nuß (A.) oder Mutterkorn, 
wovon die alten Hebammen immer einen Vorrat bei sich führten (A., B.), 
werden ihr, wenn die Wehen begonnen haben, die sieben h. Himmels- 
riegel, das Gesangbuch (v. in A.) unter den Kopf gelegt, hängt man 
ein Bild mit nackten Kindern auf, das die Gebärende ansieht (A.). 
So wurde in A. ein solches Bild schon von der Großmutter und Mutter 
einer jetzt niedergekommenen Frau in ihren schweren Stunden verwendet 
Die nunmehr verstorbene Hebamme Sch. in B. setzte sich zu Füßen der 
Niederkommenden, faltete ihre beiden Hände und drehte so lange die 
Daumen unter steter Wiederholung der Worte: 
„'s ward schie kumme, 
* hoot sich's emol vurgenumme,“ 
bis sie helfend eingreifen konnte. Bei der Hersagung ihrer Zauber- 
formel schlief sie aber auch oft ein! Liegt während der Geburt ein 
Toter im Orte (Mau.), im Hause (B.) oder findet ein Begräbnis statt 
(Mau.), legt die Hebamme ihre Sachen auf das Bett, bevor das Kind 
da ist, so stirbt dieses bald wieder (A.), wie auch dann, wenn es un- 
mittelbar nach der Geburt mit den Füßen nach der Tür zu gelegt wird 
(Th.). Nach erfolgter Geburt und nachdem die Hebamme oder Wehefrau 
das Kind gebadet und unter Anwünschung alles Guten dem Vater über- 
geben hat, wofür sich dieser gewöhnlich mit einem Geldgeschenk abfindet, 
wird der „Rumpelkaffee“ getrunken, der in der Regel etwas kräftiger 
als der sonst übliche ist. 
Ausdrücke und Redensarten nach erfolgter Geburt sind. 
„'s hot gerumpelt, (A.), „se is eigekumme“ (A.), „dr Backufen is ei- 
gefall'n“ (A., B.). Bei ledigen Müttern: /8 schennste Blatel is nu 
wack“ (A., B.), „se is ze Fall kumme“ (A.). Se hoot e Hufeisen ver- 
lurn“ (A.). Der Ehrentag einer solchen ist dann auch „eine Hochzeit 
mit Latschen“ (A.). 
Die Herkunft des Kindes. Die Kinder bringt der Storch 
aus dem Teiche (allg.), und zwar die Mädchen und artigen Knaben auf 
dem Rücken, die bösen Jungen im Schnabel (A.). Daher auch die 
Redensart zur Bezeichnung eines unartigen Kindes: „Na, deinen Jungen 
hat der Storch auch nicht auf dem Rücken gebracht!“ (A., Joh.). Um 
Mitternacht geborene Kinder hat ein schwarzer Storch gebracht (A.). 
Die Mutter aber beißt er ins Bein, darum muß sie das Bett hüten. 
Vgl. hierzu M. 102. 
2. Das Kind. 
(Nach der Geburt. — Erstes Kindesbad. — Schutzregeln für 
Wöchnerin und Kind.) 
Das Kind unmittelbar nach der Geburt. Unmittelbar nach 
der Geburt wird das Kind in ein Hemd des Vaters gewickelt, damit 
es diesen lieb gewinne (A. 5807). Das Neugeborene soll möglichst bald
	        
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