Titel VI. 2. Volksschulen der Städteordnungsstädte. 8 97. 227
mehrfacher Hinsicht eigentümlich und abweichend von dem Schulwesen der anderen
Gemeinden sich entwickelt.
Wenn auch diese Entwickelung in den einzelnen Städten, je nach den besonderen
örtlichen Verhältnissen und nach den im Gemeinderegiment vorwaltenden Anschauungen,
einen verschiedenen Gang genommen und zu verschiedenartigen Gestaltungen geführt
hat, so ist doch den betreffenden Städten Das gemeinsam, daß keine derselben in
ihrem Volksschulwesen auf das Mindestmaß des gesetzlich Gebotenen sich beschränkt
hat, sowohl was Art und Umfang des der schulpflichtigen Jugend gebotenen Unter-
richts als die Ansstattung der Schulanstalten in wirtschaftlicher Hinsicht, insbesondere
die Belohnung des Lehrerpersonals, anbelangt. Die Gründe einer solchen wesentlich
aus der eigenen Initiative der Stadtverwaltungen hervorgegangenen Gestaltung
werden nicht allein in dem höher gesteigerten Unterrichtsbedürfnis einer städtischen
Bebölkerung, sondern insbesonderc auch in den reicheren finanziellen Mitteln zu suchen
sein, welche ein größeres Gemeinwesen für freiwillige Leistungen zur Verfügung hat.
Dazu kommen noch alle die Verhältnisse, durch deren Zusammenwirken in den
größeren Städten die Organe der Gemeinde eine Zusammensetzung erhalten, welche
dieselben zur Führung einer selbständigen, nach jeder Nichtung hin sachkundigen Ver-
waltung vorzugsweise befähigt.
In allen der Städteordnung unterstehenden Städten sind die Volksschulen im
Sinne des § 102 des jetzigen Elementarunterrichtsgesetzes er weitert, sei es, daß
die Erweiterung (insbesondere die Verlängerung der Unterrichtszeit) gleichmäßig über
den ganzen Umfang des Volksschulwesens der Stadt sich erstreckt, oder daß die Ge-
samtschule in Abteilungen mit einfachem und in solche mit einem gleichmäßig oder
einem in Abstufungen erweiterten Unterrichtsplane gegliedert ist. Überall sind Lehr-
fräfte in größerer Zahl als gesetzlich vorgeschrieben (jetziges Elementarunterrichtsgesetz
§ 23) in Verwendung, und die Lehrer und Lehrerinnen haben durchgehends höhere
Bezüge, als nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen gefordert werden konnten.
Dabei ist auch die Erhöhung der gesetzlichen Mindestbezüge wieder in verschiedener
Weise durchgeführt: durch Auswerfung höherer fester Gehalte, Bewilligung höherer
Schulgeldaversen, als bei Zugrundelegung des wirklichen Ertrages des Schulgeldes
sich ergeben hätten, Gewährung von Zuschüssen in fest bestimmten Beträgen zu dem
nach Maßgabe der. gesetzlichen Bestimmungen festgesetzten Mindesteinkommen, durch
Einführung eines nach dem Dienstalter abgestuften Gehaltstarifs, ähnlich wie derselbe
jetzt als Norm für alle Volksschulen vorgeschlagen ist.
Die nach dem Stande vom 1. November 1891 aufgestellte Berechnung ergab für
die Hauptlehrer an den Volksschulen der Städteordnungsstädte ein Durchschnittsein-
kommen (an festem Gehalt und Schulgeldanteil beziehungsweise an stellvertretenden
Bezügen; Personalzulagen kamen bei diesen Lehrern nicht vor) von 1832 Mk. 58 Pfg.
Dieses Durchschnittseinkommen — gegen 1254 Mk. 65 Pfg. bei den Hauptlehrern
der anderen Gemeinden — ist um etwa 415 Mk. höher, als der Durchschnitt der
Gehalte, welche den betreffenden Hauptlehrern zukämen, wenn sie ihre ganze bisherige
Dienstzeit als Hauptlehrer unter der Herrschaft einer Gehaltsordnung verbracht hätten,
wie jetzt der Entwurf sie für die Hauptlehrer der Volksschulen aller Gemeinden in
Vorschlag bringt, und die Städte der Städteordnung haben schon nach dem Stande
vom 1. November 1891 für ihre (385) Volksschulhauptlehrer (ohne die Mietent-
schädigungen und Nebenvergütungen) im Ganzen eine Summe (705 545 Mk.) bezahlt,
welche um mehr wie 160 000 Mk. höher ist, als die Summe, die für die genannten
Städte sich ergäbe, wenn sie den Bestimmungen des § 52 des Entwurfs unterstellt
würden. - «
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