Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

94 2. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Völkerrecht. 
eine Frist von einigen Stunden genügen. 1) Jedenfalls wäre es 
unzweckmäßig, die Frist so reichlich zu bemessen, daß sie dem 
Gegner, dem sie gesetzt ist, Zeit und Möglichkeit bietet, umfang- 
reiche Vorbereitungen zum Kriege zu treffen. 2) Daß schon eine 
Frist von einigen Tagen für den sie stellenden Staat gefährlich 
werden kann, zeigt ein praktischer Fall: Die doch so kurze Frist 
von drei Tagen, welche die österreichische Regierung vor dem 
Kriege Sardinien in dem Ultimatum vom 23. April 1859 zur 
Antwort stellte, hat dieses zur Vorbereitung des Krieges gründ- 
lich ausgenützt und sich wohl gehütet, vor Ablauf derselben eine 
Antwort zu geben.,) 
Da immer der Lage des Einzelfalls Rechnung getragen wer- 
den muß, dürfte es sich m. E. nicht empfehlen, eine ganz genau 
bestimmte Frist vertraglich festzusetzen. Doch wird m. E. eine 
solche von 24 Stunden als ausreichend betrachtet werden können; 
denn sie nimmt einerseits den nachfolgenden Feindseligkeiten den 
Charakter eines Ueberfalls und gestattet andererseits nicht, allzu 
umfangreiche Vorbereitungen zum Kriege zu treffen.") 
c) Die Folgen, die an das Ultimatum geknüpft sind, können 
verschiedener Art sein,) je nachdem die Regierung, an die das 
Ultimatum gerichtet ist, nachgibt oder ablehnt, oder ausweichend, 
resp. gar nicht oder zu spät antwortet. 
Wenn die gestellten Bedingungen erfüllt werden, hat das 
Ultimatum seinen Zweck erreicht und Kann nicht mehr die Wir- 
kung einer Kriegserklärung haben. Diese tritt dagegen sofort ein, 
wenn der Gegner innerhalb der Frist cine ungenügende Antwort 
gibt, ablehnt oder die Frist verstreichen läßt, ohne sich überhaupt 
zu äußern. “) 
  
1) So war die in der preußischen Note vom 15. Juni Sachsen, Hannover 
und Hessen gestellte Frist von 12 Slunden vollständig ausreichend. 
2) Lgl. Bruyas S. 159; Ebren a. a. O. S. 147. 
3) Vgl. Bruyas a. a. O. 
4) Bruyas, S. 160 schlägt eine solche von 2—38 Tagen vor. 
5) Daß sie ausdrücklich im Ultimatum ausgesprochen seien, wie Rivier II 
S. 222 es verlangt, halte ich nicht für erforderlich. 
6) Ullmann, BVölkerrecht 1908, § 171 II räumt dieser Tatsache der Ab- 
lehnung nicht die Bedeutung einer Kriegserklärung ein, sondern läßt sie nur „als 
Eintritt der Bedingung, welche dem Absender des Ultimatums nunmehr die Freiheit 
der Aktion gegen den anderen Teil gibt“, gelten.
	        
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